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Geschriebenes

Ihr Blick aendert sich ploetzlich. Ich weiss nicht, ob es etwas war, das ich gesagt habe, oder vielleicht die Art in der ich ihr wie beilaeufig ueber den Ruecken gestreichelt habe, dass diesen Wandel ausgeloest hat. Ihre grossen braunen Augen verwandeln sich ploetzlich in gluehende Kohlenstuecke, Funken tanzen in ihren Augewinkeln.
Ihr Blick geht tief in den meinen, sie sondiert, sie sucht. Ich habe keine Ahnung was sie zu finden sucht, und sage ihr das.
Ihre Lippen formen ein sueffisantes Laecheln, das zwar hervorragend zu dem feurigen Blick wenige Centimeter darueber passt, aber in ihrem Gesicht ungewohnt und deplaziert wirkt.
Sie schuettelt kurz ihren Kopf, ihre dicken dunklen Locken wirbeln dabei wild und legen sich dann wieder wie ein unzaehmbarer Rahmen um ihr helles Gesicht. Ihre Mimik hat sich wieder zurueck verwandelt, sie schaut wieder wie eine voellig unschuldige 19-jaehrige aus, von der ich aber besser weiss, als auf diesen braven Eindruck reinzufallen. Einzig die Funken hinter den Pupillen bleiben zurueck und glimmen dahinter auf, als sie mit schelmischem Ton meint, dass sie mir nicht sagen wuerde, was sie gesehen hat.
Ich habe das Gefuehl einen seltsamen Test bestanden zu haben, von dem ich nicht mal wusste, das er statt findet.

-

Aus den Augenwinkeln sehe ich, wie die beiden jungen Maenner endlich ihre langwierige Partie Pool zu Ende bringen, die Queues an die Wand lehnen und zur Bar schlendern. Ich deute mit dem Kopf in Richtung des Billiardtisches und sie wirft einen pruefenden Blick dorthin. Waehrend sie an dem Strohhalm knabbert und das, bis auf einige Eiswurfel leeres, Glas in den Haenden reibt, schuettelt sie leicht den Kopf. Sie waere nicht sonderlich gut in Pool, meint sie. Ich biete ihr gratis Trainingsstunden an, und steige von meinem Hocker und richte schon mal die Kugeln zum Anstoss her.
Sie spielt wirklich nicht gut, aber sie nimmt mein Angebot scheinbar ernst. Laesst sich von mir einrichten, die Richtung ansagen, und dergleichen. Ich versuche mich zurueck zu halten, versenke aber ein 2, 3 Kugeln hintereinander um ein wenig anzugeben. Sie lernt schnell, und versenkt einen gar nicht so leichten Stoss, nachdem ich ihr ein paar Korrekturen vorgeschlagen habe. Als sich die gruen-weisse Kugel auf der Zielgeraden in die Tasche befindet beginnt sie bereits freudig auf-und-ab zu huepfen. Ich kann mir dabei ein breites Grinsen nicht verkneifen.

Spiel den Ball weiter links an, nicht so stark wie den letzten, meine ich. Und dreh dich mehr nach links. Nein, links. Sie schaut verwirrt in meine Richtung. Ich stelle mich hinter sie und richte sie ein, so wie ich den Stoss ausfuehren wuerde. Ich umfasse ihr rechtes Handgelenk und schiebe es ein Stueck weiter ans hintere Ende des Queue, senke ihre linke Schulter ein wenig. Drehe ihre Huefte ein wenig. Ihr Blick kann dem Stoss jetzt leicht folgen. Ich nicke ihr zu und trete zur Seite. Sie schaut mich gross an, dann die weisse Kugel und stoesst zu. Der Stoss geht voellig daneben, die weisse Kugel verfehlt ihr Ziel.
Sie wirft mir einen vorwurfsvollen Blick zu.
Ich will mich damit verteidigen, dass ich den Stoss so ausgefuehrt haette, aber sie unterbricht mich gleich. Ich haette sie abgelenkt meint sie.
Abgelenkt, wunder ich mich. Ja...ich hatte sie angefasst, wie sollte sie da klar denken.
Ich verspreche ihr, sie nie mehr anzufassen und grinse dabei breit.
Den Queue fest in der Hand beuge ich mich ueber den Tisch und visiere die Kugeln die ich spielen will an. Ich stosse zu, verfehle die weisse Kugel beinahe, gebe ihr genug Spin um gegen die nahe liegende Acht zu rollen, die sich dafuer selbst in der naechsten Tasche versenkt. Ich schaue ueberrascht auf. Ich muss mich nicht umdrehen, um zu wissen, wessen Hand sich gerade an meinen Hintern gelegt hat.

- BM out -

Man besteigt den Bus, es ist bereits dunkel, 22h vorbei. Zuerst liest man noch ein wenig, dann versucht man eine bequeme Position zu finden. Man dreht das Licht über sich ab, nickt ein.
Man stellt plötzlich fest, dass der Sitznachbar verschwunden ist, und breitet sich aus. Man versucht eine bequemere Position zu finden, und schläft richtig ein.
Plötzlich wacht man auf, als der Bus ruckend stehen bleibt. Der Busfahrer verkündet 15 Minuten Pause, das Licht im Bus geht an.
Man kriegt die Augen nicht auf. Vom Schlaf und weil die plötzliche Helle stört. Mit halbgeschlossenen Augen schlüpft man in seine Schuhe und aus dem Bus, folgt dem Typen vor sich in einen Laden.

Hier sind schon einige andere Mitreisende, wanken ebenso wie Schwerbetrunkene durch die Gegend. Man stösst aneinander, grunzt Entschuldigungen, schwankt die Regale entlang. Eine kleine Zombiearmee nimmt Besitz von dem Laden. Wahrnehmung und Motorik eingeschränkt, Hirnfunktion nicht nachweisbar, kein wirkliches Ziel. Man ahmt die anderen nach und greift in die Regale, ladet sich Snacks und Getränke auf. Langsam wird man wach, die Augen gewöhnen sich an das Licht, die Körperkontrolle kehrt zurück, Bewegungen werden geschmeidiger.

Als man bezahlt hat und wieder vor den Laden tritt, ist man bereits wieder hellwach. Plötzlich spürt man die kühle Luft, die einem davor nicht aufgefallen ist, und man nimmt zum ersten Mal die nächtliche Umgebung wahr.
Man steht mitten in der Nacht auf irgendeiner Tankstelle an einer Schnellstrasse. Und zum ersten Mal, und es scheint zum ersten Mal im gesamten Leben zu sein, hebt man den Blick. Man muß nicht mehr nach unten blicken, was die unsicher trapsenden Füsse machen. Man muss nicht mehr nach vorne schauen, welchen Schokoriegel die Hände grabschen. Man schaut nach oben, in den nächtlichen Himmel, und wird vom klaren, kalten Mondlicht reingewaschen.

Der Mond sitzt wie ein König in voller Pracht, rund und glücklich, auf einem Thron aus schwarzem Samt, und strahlt uns an. Die Wolken rahmen ihn als Ehrengarde, in gezacktem Muster ein, und von hinten beleuchtet wirken sich noch dunkler als der Nachthimmel selbst. Es ist ein überwältigender Anblick, der großartigste Nachthimmel, und langsam sinkt man auf ein Knie, um seinem König die Ehre zu erweisen. Man merkt nun auch, wie die Sterne einem Hofstaat gleich, sich um den Mond, über den Himmel verteilen, und man hat das Gefühl, sie nicken einem zustimmend und wohlwollend zu. Der Mond jedoch bleibt majestätisch und starr auf seinem Thron hocken, doch sein Blick zeigt Würde und sein Licht bleibt klar und reinigend. Ja, auch er nimmt die Geste wohlwollend auf.

Langsam erhebt man sich um die Magie des Augeblicks nicht zu zerstören, holt nochmal tief Luft und besteigt wieder den Bus. Als dieser wieder losfährt, und man aus dem Fenster blickt, kann man den Mond wieder sehen, der seinem neuen Vasallen den Reiseweg erleuchtet.

Folgende Zeilen sind quasi der linke Flügel eines literarischen Tryptichons. Ich nenne es das "Nevada Haiku Tryptichon", denn ich habe es geschrieben, als wir durch Nevada auf Las Vegas zu gefahren sind.
Als ich mit dem ersten Haiku fertig war, hatte sich das Szenario so sehr verändert, das ich sofort ein zweites schreiben musste, das dem entspricht, und als ich damit fertig war, ein drittes, um dem ganzen ein rundes Ende zu geben, und die neue Umgebung darstellt.


Sunset on mountain
Riding its back to valley
So just dismounting


Ich poste hier aber nur das erste Haiku, weil es das schönste ist, und auch von der Idee her das originalste. Die anderen kommen leider in der Bildsprache bei weitem nicht an das heran, sind vergleichsweise plump. Mir gefällt in diesem Haiku, wie es mit der Bedeutung des Wortstammes "mount" arbeitet, und wie es die Sonne auf der anderen Seite des Berges absteigen lässt...

- BM out -

Der Boden zeichnet in allen möglichen Brauntönen, von sandigem Ocker bis zu dunkler Erde aber auch rötlichen Tönen, in verschiedenen Nuancen kombiniert, eine weite, flache Ebene. Die karge und geduckte Vegetation versperrt den Blick nicht, der somit oft erst vom Horizont selbst eingezäunt wird. Doch es ist nicht der Grund und Boden auf dem man hier steht, und der auf eine gewisse Weise unwirklich scheint, der fasziniert. Was das Auge bannt, ist der Himmel, der sich in einem blassen Blau, über dem Ganzen erstreckt.

Erst treiben in diesem Gewölbe einzelne Wolkenfetzen, die tatsächlich nur als Fetzen zu beschreiben sind. Sie wirken, als hätte jemand eine große Wolke brutal ausgeweidet, und nun ergießt sie sich in den Himmel und schwindet langsam dahin, während sich an manchen Fetzenteilen noch die Krallenspuren erkennen lassen, mit denen die Untat vollbracht wurde.
Doch bald schon fliessen diese Wolkenfetzen hoch oben in einander über, und vermischen sich mit dem eh schon hellen Blau des Zenits, zu einem noch helleren Hintergrund. Vor diesem Hintergrund nun, spielt sich erst ab, was den Blick von den endlichen Weiten des Bodens von Arizona lenkt.

Dicke, fette Cummuluswolken scheinen im Tiefflug über das Land zu ziehen, so tief, das man den Eindruck hat, man müsse nur auf und ab springen, um über sie hinweg schauen zu können. Die tiefstehenden Wolken grenzen sich derart vom oben beschriebene Hintergrund ab, das es an die 3D-Gebilde der "magisches Auge"-Bücher erinnert. Ihre Vielzahl und Formation gebietet die Assoziation mit einer Staffel UFO's, die gerade zur Invasion übergeht. Doch wer kann es ihnen denn verdenken, bei der Nähe zu Roswell und Area 51?

Langsam schiebt sich die Wolkenflotte über das braungrüne Feld, wandert den Horizont entlang, ist viel zu schnell dem Blick entronnen, da uns der Bus, von solchen Naturschauspielen völlig unbeeindruckt, ungebremst durch die Szenerie schleift.
Der Blick wandert zurück zum Boden, verfolgt eine Überland-Stromleitung, die sich für kurze Zeit, schräg zur Schnellstrasse durch die Ebene schlängelnd, als Wegbegleiter anbietet. Wie die Wolken und der eigene Blick hat sie nur ein Ziel - den Horizont zu erreichen.

Er versuchte den gelangweilten Blick, den er seit einiger Zeit im Gesicht trug, aufrechtzuerhalten, als er sie in den Bus einsteigen sah. Er war in einer fremden Stadt, in einem fremden Land, in einem fremden Bus, unterwegs in ein Einkaufszentrum. Nicht weil es ihn wirklich interessierte, sondern weil er die Zeit in der fremden Stadt des fremden Landes nutzen wollte, und diese Stadt nicht viel zu Nutzen bot. Zumindest nichts das in seinem Interesse lag.
Doch nun war etwas von Interesse in das kleine Leben getreten, das er in dem fremden Stadt-Land-Bus führte. Sie setzte sich schräg von ihm, auf der anderen Seite des Ganges hin, während er seinen gelangweilten Blick wieder aus dem Fenster gerichtet hatte.

Erst als der Bus wieder los fuhr, schaute er wie beiläufig durch den Bus. Tat so, als würde er auf der anderen Seite des Busses aus dem Fenster schauen wollen, prüfen wollte, ob die Aussicht dort besser war. So sehr er den Blick auch schweifen lies, wanderten seine Augen jedoch nur über sie, die gerade neu zugestiegen war. Da war etwas, das er nicht in Worte fassen konnte, das an ihr haftete. Nein, nicht sein Blick, das er den nicht von ihr lösen konnte, war ihm ja bewusst, es war noch etwas anderes da.

Er drehte den Kopf wieder zur anderen Seite, schaute aus dem Fenster. Häuser und Läden zogen an ihm vorbei, Sträucher und Bäume, Straßenzüge und Autos. Sie hatten die eigentliche Stadt verlassen, denn das Einkaufszentrum, zu dem ihn der Bus bringen sollte, war irgendwo außerhalb. Es wurde grüner. War das nicht spannend, so durch die Gegend zu fahren, sich die Umgebung anzuschauen?

Ohne lange zu zögern gab er dem inneren Drängen nach, drehte den Kopf wieder vom Fenster weg, schaute wieder zu ihr rüber. Sie hatte es sich auf der Sitzfläche bequem gemacht, die Beine übereinander geschlagen, schaute irgendwie geradeaus aus dem Fenster. Ihre Augen waren hinter einer Sonnenbrille versteckt, ob sie ihn musterte oder überhaupt bemerkte, das er sie beobachtete? Er verschwendete keinen Gedanken daran. Alles worum seine Gedanken kreisten, war herauszufinden, warum sie seine Aufmerksamkeit so ungeteilt auf sich gezogen hatte.

Sie war nicht auffällig gekleidet, und schon gar nicht aufreizend. Das Top war Schulterfrei und hielt sich ohne Träger am Oberkörper, passte farblich zum weißen Rock mit den blauen Punkten. Ihr langes, dunkles Haar war entweder besonders kunstvoll zu einer wilden Frisur verknotet, oder einfach nur besonders wild zu einem kunstvollen etwas an Haaren verarbeitet worden. Einige Strähnchen fielen ihr immer wieder ins Gesicht, die sie dann ab und zu geistesabwesend wieder hinter ihr Ohr steckte. Sie musste einen halben Kopf größer sein als er, schloß er, als er ihre Proportionen betrachtete. Ihm wollte nicht auffallen, was sie an sich hatte, das es ihn nun keine Ruhe lies.

Für die nächsten Minuten starrte er wieder aus dem Fenster, wobei er die Umgebung, die am Fenster vorbeiflog, gar nicht wirklich mitbekam. In Gedanken, vor seinem inneren Auge, sezierte er geradezu den Anblick der Unbekannten. Immer wieder, warf er aus den Augenwinkeln einen Blick auf sie, wenn sie sich ein wenig bewegt oder ihre Position geändert hatte. Plötzlich nahm sie die Sonnenbrille ab, steckte sie sich in die Haare, und gab damit die Sicht auf ihre braunen Augen frei. Sie passten gut in ihr Gesicht, nahmen die Aufmerksamkeit von ihren Lippen, die seiner Meinung nach, zuvor wohl das prominenteste Merkmal darin waren.

Als sie ihren Kopf zur Seite drehte, um aus der Windschutzscheibe des Busses zu schauen, erkannte er endlich was es war, das ihn wohl die ganze Zeit so auf Trab gehalten hatte. Nun hatte er freien Blick, auf etwas das ihm zuvor irgendwie entgangen war, zumindest dem bewussten Auge. Denn sein Unterbewusstsein, muss es von Anfang an aufgefangen haben, sich aber den Spass machen wollen, ihn eine Weile zappeln zu lassen. Doch nun war dieses Katz-und-Maus-Spiel, zwischen seiner Aufmerksamkeit und ihrer Besonderheit, vorbei.

Sein Blick hatte sich an ihrem Hals festgefangen, und wollte nicht mehr los lassen. Nun, wo sie den Kopf gedreht hatte, konnte er die Sehnen darunter sehen, und wie sie in die Schultern übergingen. Ein gerader, wohlgeformter Nacken, der geradezu danach schrie angeknabbert zu werden. Er unterdrückte ein Seufzen, lies den erhebenden Anblick sich als leichten Schauer seinen Rücken hinab bewegen. Leise, ganz leise, hörte er wie ihr Hals ihn aufforderte näher zu kommen. Er wollte beschnuppert werden, langsam mit dem Daumen massiert werden, sich bereit machen und auflockern lassen, um letztendlich im finalen Akt mit einem zärtlichen aber festen Biss...

Schnell drehte er den Kopf wieder von ihr weg. Er war erstaunt darüber, welche Pfade seine Gedanken da genommen hatten, so etwas war ihm noch nie widerfahren. Draußen zog immer noch die Landschaft vorbei, eine kleine Vorstadt erschien und ging ohne sich durch irgendetwas auszuzeichnen. Er nahm seine Sonnenbrille ab und rieb sich das Nasenbein, wollte der Versuchung entgehen wieder auf die andere Seite des Busses zu schauen, wo seine Phantasien sich wieder verselbstständigen würden.

Nach ein paar Minuten hielt er es aber nicht mehr aus, er musste einfach hinüber schauen. Natürlich saß sie immer noch da, der Bus hatte ja keinen Halt gemacht. Ihre Beine waren nun in die andere Richtung überschlagen, und ihre rote Tasche ruhte immer noch am Sitz neben ihr. Obwohl sie wieder geradeaus schaute, konnte er nun immer noch die Konturen der Muskeln an ihrem Hals erkennen. Sie schien nicht mitzubekommen, was sie angerichtet hatte, in welchem Zustand er sich nun befand. Er schloss die Augen, und konnte durch die Lider hindurch so klar sehen, als ob sie aus Glas wären.

Er sah sich selbst, wie er aufstand zu ihr rüberging, sich auf den Sitz neben ihr niederließ. Sein rechter Arm legte sich um ihre Schulter, was sie ihm anstandslos gewähren lies, während er mit der anderen Hand eine lose Haarsträhne nach hinten schob. Er packte ihre Schulter, während er ihren Kopf leicht zur Seite schob, und vorsichtig die andere Schulter küsste. Sanft und zart berührten seine Lippen ihre Haut gerade noch. In seinem Kopf entfaltete sich eine eigene Welt der Lust, die allein darauf beruhte mit der Zungenspitze über ihre Schultern den Hals hinauf zu gleiten, und an ihrem Ohrläppchen zu knabbern. Eine einzige Bewegung die auf so delikate Weise ausgeführt wird, das sie eine Ewigkeit in Anspruch nimmt und mit jedem vergangenen Äon sich in höhere, ungeahntere Bereiche des Wohlwollens steigert. Gleichzeitig wusste er, wie es sich anfühlte, wenn er einen Arm um sie schlang, sich in ihre Brust krallte und sie an sich drückte, sie seinen warmen Atem im Nacken spüren lies. Jede Form der Zärtlichkeit und der Folter, der Lust und des Schmerzes, die sie beide einander bieten konnten, fand gleichzeitig in seinem Kopf statt. Jede Möglichkeit entfaltete sich in dem Moment, als er seine gläsernen Lider verschloss. Ihm wurde für einen kurzen Augenblick schwindlig, schnell öffnete er die Augen wieder.

Der Bus kurvte bereits durch die Parkanlage, die das Einkaufszentrum umgab. Er wusste, das die Fahrt nun beinahe vorbei war, und wo er noch vor kurzem nichts mehr herbei gesehnt hatte, als endlich anzukommen, war es ihm nun zu früh vorbei. War das alles eben Einbildung gewesen? War es nicht viel mehr, das er einen Ausblick darauf bekommen hatte, was möglich war? Eine Vision, eine Bestimmung? Ob sie das selbe wahrgenommen hatte? Der Bus blieb mit einem Rucken und zwei Quietschern stehen, der Eingang zum Einkaufszentrum lag genau gegenüber der Busstation. Er versuchte sich die Verzweiflung nicht anmerken zu lassen, da bemerkte er erst, das sein Objekt der Aufmerksamkeit ihre Tasche genommen hatte und aufgestanden war.

Bis er endlich aus dem Bus gestiegen war, hatte sie bereits einige Schritte hinter sich gebracht, war schon auf halbem Weg ins Innere des Einkaufszentrum wo er sie mit Sicherheit verlieren würde. Sie war tatsächlich ein kleines Stück größer, aber er seine Schritte waren schneller, womit er sie schnell einholen würde. Er musste handeln, etwas tun. Sie wollte es so, das hatte er genau gespürt.

- BM out -

Ich sitze hier am Strand von Miami. Der Wind weht stark, das Meer brandet voller Eifer an den Strand, die Sonne glueht sich durch Wolkenfronten.
Ich sitze also hier, am Strand von Miami, um mich toben die Gezeiten, und in mir brodelt etwas, das geschrieben werden moechte.
Es sagt mir aber nicht, was es ist. Es ist keine Geschichte, nicht neu, nicht alt. Es ist kein Gefuehl, das sich durch die Umgebung in mir aufgebaut hat, keine Empfindung als Reaktion auf Erlebtes. Kein Reisebericht, kein Tatbestand. Keine Sorge, keine Hoffnung. Es sitzt nur da und wartet darauf geschrieben zu werden, macht keine weitere Regung.

Also schreibe ich. Ich schreibe drauf los, denn wenn die Worte aus mir rausfliessen, wird sich ja auch dieses etwas mitreissen lassen. Sich von mir loesen, durch die Hand in den Kuli, vom Kuli in die Tinte und sich so auf Papier bringen lassen.
Jedoch regt sich nichts. Nach einer halben Seite, will sich das "etwas" noch immer nicht zu erkennen geben. Bleibt hartnaeckig in mir drin, laesst sich nicht von so billigen Tricks locken oder reinlegen.

Zum ersten Mal seit Minuten, seit ich zu kritzeln begonnen habe, halte ich still. Ich lege den Kuli weg, nehme einen grossen Schluck aus der Wasserflasche, die im Sand neben mir steht.
Wer nicht will, der hat schon. Ich schreibe doch nicht, bis ich vor Erschoepfung umfalle, wenn das zu Schreibende so unkooperativ ist. Pech fuer Dich, unbekannter Text! Du vergehst von alleine, ich kenne Dich und Deines Gleichen. Ihr vergeht alle, und werdet nie geschrieben, egal wieviel ihr tobt und brodelt.

Ich lege jetzt den Kuli weg.

Wer versteht schon....


Lärm von der Strasse lässt mich aufschrecken. Ich springe aus meinem weichen Sessel am Kamin auf und stürme zum Fenster. Die Gasse liegt dunkel vor mir und nur das fahle Mondlicht wirft blasse Wärme auf die Welt vor meinem Haus. Nichts zu sehen, und doch höre ich lautes Geschrei. Plötzlich beginnen die Schatten auf der Strasse wild zu tanzen und schon sehe ich die Quelle des Lärms näher kommen. Ein wilder Mob zieht durch die Gasse hinauf, schreit laute Parolen und schwenkt Fackeln. Die Menge scheint sich um eine Person herum formiert zu haben, die gezogen und geschoben wird.

Schnell schlüpfe ich in Mantel und Stiefel und eile zur Tür hinaus. Kaum dass ich die Türe zur Strasse geöffnet habe, verstehe ich schon die Schreie. "Verbrennt ihn", "Schafft ihn bloß weg" und "Er verdient es" übertönen all das Gemurmel von dunklen Praktiken und einer Schande für die ganze Gegend. Ich schließe mich mal vorsichtig der Menge an, versuche einen Blick auf die Person zu werfen, die all das herauf beschworen hat. Viel kann ich nicht erkennen, da der Mann die Arme schützend um den Kopf geschlungen hat und gebückt geht. Dauernd schubst ihn jemand an, damit er weiter geht.

Der Mob und ich bahnen uns den Weg durch die Gassen zum Dorfplatz. Einige Männer und Frauen hatten schon begonnen Reisig und Äste zusammen zu tragen. Ein wilder Haufen aus altem, trockenen Holz war schon aufgetürmt, aus dessen Mitte ein großer, dicker Holzpfahl aufragte. "Auf den Scheiterhaufen mit ihm", brüllten die Leute nun mit einer Kehle. Der Bürgermeister trat aus seinem Haus und stellte sich auf ein kleines Podest, dass schon hergerichtet worden war. Die rote Schärpe, die ihn als Bürgermeister des Dorfes kennzeichnete, die er um den Leib trug, schimmerte im Licht der Fackeln.

Als sein Blick die Augen des gekrümmt dastehenden Mannes, der von der wütenden Menge noch immer hin und her geschubst wird, trifft verzieht sich seine Miene kurz schmerzlich. Er wendet sich wieder an die Menge. "Es ist eine schlimme Anschuldigung die ihr diesem Mann zuteil kommen lasst...aber er hat wie jeder ein faires Recht auf eine Verhandlung. Wir sind von einer einfachen, schnellen 'schmeißt ihn auf den Scheiterhaufen'-Justiz weit entfernt." Er warf den Männern und Frauen die unbeirrlich Holz und Reisig zusammen trugen einen bösen Blick zu.

Ich versuche einen genaueren Blick auf die Gestalt vor mir zu werfen. Die dicht stehenden Leute und eine tief ins Gesicht gezogene Kapuze erschweren den Versuch. Ich dränge mich weiter nach vorne und erkenne dann schon an der Statur wer es ist. Mir bleibt kurz der Atem weg. Er bewegt seinen Kopf zu mir, als er meine Anwesenheit bemerkt. Seine dunklen Augen werden vom Schatten der Kapuze verborgen, ich kann seinen Blick dennoch spüren. Leise dringen die Wortfetzen des Gesprächs zw. dem Bürgermeister und dem Mob an mein Ohr.

Eine aufgebrachte Männerstimme "Er hat es zugegeben."- "Sowas sagt man nur so..." versucht der Bürgermeister zu beruhigen.

"Wir können so jemanden nicht in unserer Gemeinde dulden" die alte kratzige Stimme, der Frau des Müllers - "Wir werden uns der Sache schon annehmen", wieder der Bürgermeister.

"ER VERSTEHT FRAUEN!!", die ganze Menge brüllt - der Bürgermeister schweigt.

Ich reiße meine Augen erstaunt auf, und schaue meinem Gegenüber in die Augen. Er senkt nur traurig den Blick. Ich kann es nicht glauben. Ich kenne diesen Mann schon mein ganzes Leben. Wir waren Freunde seit wir uns als kleine Buben gegenseitig versucht haben im Sandkasten zu vergraben. Ich habe mit ihm die schrägsten Erlebnisse gehabt. Nein, ich weiß einfach, dass das nicht wahr sein kann. Er versteht Frauen nicht, ich weiß das...wir waren gemeinsam in der Pupertät. Ich will schon laut aufschreien, mich der Menge entgegen stellen, meinem Freund helfen.

"Die Probe!" schreit die Meute. "Die Probe." bestätigt der Bürgermeister. Unwillkürlich muss ich schlucken. Mich denen entgegen zu stellen würde bedeuten, dass man von mir ebenfalls annimmt ich würde Frauen verstehen. Die Gedanken in meinem Kopf schwirren. Wie kann man nur annehmen, dass jemand aus unserem Dorf Frauen verstehen würde... Plötzlich wird mir klar was es bedeutet ihn der Probe zu unterziehen...

Man steckt ihn mit einer Frau zusammen...wenn sie ihn nicht fertig macht ist bewiesen dass er Frauen versteht und er kommt auf den Scheiterhaufen, doch wenn nicht, dann wird er sein lebtag lang mit ihr zusammen bleiben. Ich kann mich nicht entscheiden, welches Schicksal ich meinem Freund eher wünsche...

 

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