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Ich zog scharf die Luft zwischen den Zähnen ein. Fuck, das tat weh. Jahrelange Übung, und das Wissen um meinen harten Schädel, hatten Sonja zu einer wahren Spezialistin für Kopfnüsse gemacht. Das bekam ich immer wieder mal zu spüren, aber diesmal hatte sie sich selbst übertroffen. Während ich mir also den schmerzenden Hinterkopf rieb, ergoß sich eine Tirade über mich, in der es hauptsächlich darüber ging, wie blöd ich eigentlich sein musste, dass ich soviel Glück gar nicht verdiente, und ob es überhaupt jemanden gab, der mir noch helfen konnte. Dazwischen berichtete sie mir, dass es völlig gleichgültig sei, ob ich etwas gestohlen hätte oder nicht, Einbruch sei Einbruch. Und so weiter. Nach etwa zehn Minuten lies sie sich ausgelaugt zurück in ihren Sessel fallen und schaute mich provozierend an.

Ja, Sonja war so etwas wie eine Mutter für uns alle. Eine wahre Glucke war sie, die immer versuchte ihre Freunde vor Schaden und Schmerz zu bewahren, und wenn doch mal was passierte Trost und Rat spendete, und einen mit einem "Ich habs Dir ja gesagt"-Blick bedachte, der Seinesgleichen suchte. Gerade deswegen, weil sie es wirklich immer gut meinte, und sie ja auch wirklich meistens recht hatte, empfand ich es als besonders schändlich und schlimm von mir, dass ich sie nun anlügen würde. Aber letztlich blieb mir keine andere Wahl. "Du hast recht, ich werde nicht mehr in fremde Wohnung gehen."

Richtiger wäre es wohl gewesen, hätte ich etwas gesagt wie, ich würde nicht mehr "fremde Wohnungstüren aufbrechen", aber so rhetorische Spitzfindigkeiten liegen mir nicht, oder nur wenn ich sie mir vorher bereitlegen kann. Doch für Sonja war die Sache damit erledigt, sie vertraute darauf, dass ich mein frisch entdecktes Hobby gleich wieder aufgeben würde. Ich für meinen Teil, musste nur einen anderen Weg finden, wie ich in die Wohnungen kommen konnte.

Die folgenden Tage verbrachte ich damit, dass ich erstmal versuchte nach anderen Möglichkeiten zu suchen, wie ich in die zu sammelnden Wohnungen kommen würde. Meine erste Idee war es eigentlich, dass ich versuchen könnte, mich zum Schlossknacker ausbilden zu lassen. Dass es dafür keinen WIFI-Kurs gab war mir schon klar, aber ich war davon überzeugt, dass ich schon irgendwie jemanden auftreiben konnte, der mir das beibringen würde. Letztlich kickte dann irgendwann doch noch der Verstand wieder bei mir ein. Türen aufzubrechen oder die Schlösser zu knacken war kein großer Unterschied, denn dass es so einfach sein sollte wie in Filmen, wo die Leute eine Kreditkarte oder eine Haarnadel verwendeten konnte ich mir einfach nicht vorstellen. Also verwarf ich diesen Ansatz wieder.

Dann kam ich auf die glorreiche Idee, ich könnte doch einfach den Schlüsseldienst rufen und mir von denen die Tür öffnen lassen. Ich war nah dran das wirklich auszuprobieren, aber verwarf die Idee dann doch. Selbst mir war klar, dass so ein Schlüsseldienst irgendwie überprüfen musste, wem sie da das Schloss knackten. Und nur für den Test meine eigene Türe zu opfern, war mir nicht wert, wo man doch so oft davon hörte, dass diese Schlüsseldienste angeblich schwere Schäden anrichteten. Nein, das war wirklich keine Lösung.

Ich war nun seit einigen Tagen damit beschäftigt, dieses Problem zu umkreisen, und hatte begonnen mich schon dabei selbst im Kreis zu drehen. Nach Sonjas Kopfnuss-Attacke war mir klar, dass ich meine Freunde nicht wirklich zu Rate ziehen konnte. Vielleicht wollte ich sie auch vor ein gewissen Mitwisserschaft schützen, sollte mein Hobby tatsächlich dazu führen, dass ich erwischt werden würde. Da mir keine Idee kommen wollte, bei der ich nicht wieder mit meinem frisch erworbenen Brecheisen in der Hand einen Türrahmen zum Splittern brachte, versuchte ich es mit etwas, das mir im Hirn hängen geblieben war, als ich Sonja das Album gezeigt hatte.

Ich begann zu fragen.

- BM out -
 

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