Er riss die Augen auf und blinzelte in die Dunkelheit. Das melodische Scheppern neben ihm, nahm an Intensität zu, wurde mit einem dumpfen Brummen verstärkt, das dem Mobiltelefon dabei half über das Nachtkästchen zu tanzen. Er keuchte tief, als er die kühle Nachtluft erstmals bewusst einatmete und griff nach dem Handy bevor es sich über den Rand seiner Welt stürzen konnte und womöglich unter das Bett tanzen würde. Ein Ort den seine Putzfrau regelmässig vergas, wenn sie mit dem Staubsauger unterwegs war.
04:21
'Rick'
Das Licht des Displays war unglaublich grell, gerade im Vergleich mit der gerade erst entdeckten Dunkelheit des Schlafzimmers. Jay drückte schnell die grüne Wähl-Taste um das Gespräch anzunehmen. Statt einer Begrüßung gähnte er laut, nur um seinen Gesprächspartner gleich mal wissen zu lassen, was er davon hielt, mitten in der Nacht geweckt zu werden.
"Jay!", Rick klang ziemlich aufgeregt. Es war eine feine Nuance, die den Klang seiner Stimme von seinem üblichen Enthusiasmus trennte, aber Jay konnte die beiden ganz gut auseinander halten.
"Ich weiß. Und ich schätze mal, du weisst wie spät es ist?"
"Ja, ich weiß.. und es tut mir leid. Aber ich brauche Dich ganz dringend am 28. Revier. Komm so schnell Du kannst, es ist wirklich wichtig."
Jay seufzte tief. Wenn die Stimme seines Kollegen nicht von so einer ernsthaften Dringlichkeit durchdrungen gewesen wäre, hätte er es sich vielleicht überlegt, ob er nicht lieber nochmal rumrollt, die Decke über den Kopf zieht und die letzten 2 Stunden seines verdienten Schlafs konsumieren wollte. So jedoch nickte er bloß, was Rick zwar nicht hören konnte, aber sowieso antizipiert hatte, und legte auf.
Während er die Füße über den Bettrand schob um ins Badezimmer zu trotten, vergas er seinen ersten Gedanken auch schon wieder: die Einstellungen der Klimaanlage für die Nacht ein wenig hochzudrehen.
Die große Uhr an der Wand des Eingangsbereiches zum 28. Revier war gerade drauf und dran seinen Zeiger auf 4:45 zu schieben, als Jay die Halle betrat und auf den diensthabenden Polizisten zuschlenderte. Er hatte sich mit der notwendigen Katzenwäsche begnügt um menschlich zu wirken, und auf Feinheiten für sein gewohntes Auftreten verzichtet. Solange die Haare nicht in alle Richtungen standen, die Zähne geputzt waren und die Kleidung in Ordnung, sollte es ja wohl reichen um seinen Morgen auf einem Polizeirevier zu beginnen.
"Guten Morgen, ich bin Jakob Lauroto. Ich komme zu Mr Cavalera."
"Cavalera? Oh, ich weiß schon. Befragungszimmer 3. Das ist im 2. Stock, links. Ist angeschrieben."
Jay nickte ihm zu und marschierte auf die Treppe zu. Er kannte das 28. Revier nicht wirklich, aber er hatte schon soviel Zeit auf Polizeirevieren verbracht, und die meisten waren sich doch ähnlich angelegt.
Jakob Lauroto war jemand der meistens müde und abgespannt wirkte. Das mag für eine Uhrzeit kurz vor 5 in der früh auf viele Leute zutreffen, aber für Jay gehörte es zu seinem Äußeren wie das immer mehr werdende Grau in den Haaren oder dass er immer in dunkelblauen Anzügen rumlief. Es lag an seinen Augen, das wusste er. Es war der Ausdruck seiner Augen, die ihn stets so müde wirken liesen. Das war schon als er noch ein Junge war so gewesen, und hatte ihm oft zum Vorteil und manchmal aber auch zum Schlechteren gereicht. Und auch die letzten 20 Jahre, in denen er als Privatdetektiv gearbeitet hatte, hatten einiges zu diesem Gesichtsausdruck beigetragen.
Jetzt wo er seinen 42. Geburtstag hinter sich hatte, dachte er sich, hatte er es sich verdient, so fertig auszusehen wie er sich oft fühlte. Doch wenn es jemanden gab, der so wirkte als hätte er eine harte Nacht hinter sich, dann war das sein Kollege Rick Cavalera, als Jakob ins Besprechungszimmer 3 kam.
Ein junger Officer stand vor der Tür des Befragungszimmers. Jay nannte seinen Namen und zeigte ihm seinen Ausweis, und erklärte, dass Rick ihn angerufen hatte und sie Kollegen waren. Der junge Mann deutete ihm einen Moment zu warten und öffnete die Tür, wechselte ein paar Worte bis ein anderer Polizist in der Tür erschien. Das bekannte Gesicht von Inspector Valentine, der es sich zur Aufgabe gemacht hatte dem Klischee eines überarbeiteten, mürrischen Fernseh-Polizisten zu entsprechen, tauchte neben dem Türrahmen auf und winkte ihn hinein. Kaum das Jay das Befragungszimmer betreten hatte, verlies Valentine den Raum auch schon wieder. "Ich geb' euch 10 Minuten Jungs, das bin ich euch schuldig."
Zu Jakobs Erstaunen waren Rick und er plötzlich allein.
"Was geht hier vor?", Jay lies sich auf dem Metallsessel gegenüber seines langjährigen Partners nieder. Die beiden trennte nun nur mehr der wackelige Blechtisch. Der Raum war in einer stahlgrauen Farbe gestrichen, die mehr als nur nüchtern wirkte, und das kalte Neonlicht der Röhre über ihnen trug den Rest bei. Das war ein Ort, an dem man nicht freiwillig viel Zeit verbrachte.
Rick saß mit hängenden Schultern vor ihm, eine Pose die so unnatürlich und falsch wirkte, wenn man ihn kannte, und wusste wie das Gehabe dieses Mannes sonst war.
"Es tut mir leid, dass ich dich da mitten in der Nacht aus dem Schlaf gerissen habe. Aber es ist wirklich wichtig. Du musst mir genau zu hören."
Jay machte eine Handbewegung um Rick zu signalisieren, dass er nicht vorhatte zu unterbrechen.
"Also: es geht um Mord. Doppelmord sogar. Ich wurde deswegen vor ca zwei Stunden verhaftet...", wie um es zu beweisen hob Rick die beiden Arme unter dem Tisch hervor, die in Handschellen gefasst waren.
"Du hast jemanden umgebracht?", unterbrach Jay doch Ricks Redefluss, mit einem überraschten Einwurf.
"Natürlich nicht!", gab dieser scharf zurück. "Also: Ich weiß nicht viel. Valentine ist zwar ein alter Bekannter, aber er wollte ein Geständnis von mir, und glaubt scheinbar ich stelle mich dumm oder so. Die Toten sind Mister Steven Lieberman und seine Frau Margret Lieberman. Sie wurden heute gegen Mitternacht in ihrer Wohnung erschossen."
"Und warum glauben die Cops dass Du es warst?"
"Indizien."
"Indizien?"
"Ja, sie haben scheinbar irgendwas persönliches von mir dort gefunden. Außerdem gibt es scheinbar einen Zeugen."
"Ein scheinbarer Zeuge?"
"Ja, jemand will mich flüchten gesehen haben."
"Das ist ein Scherz."
"Nein. Das ist kein Scherz."
"Wir haben Mitte Oktober, was wird das? Ein verspäteter 1. April? Ein vorgezogener Halloween-Schock?", Jakob fing zu lachen an, bis ihm Ricks Blick die Kehle zuschnürte.
Rick starrte ihn mit dem ernstesten Blick an, den Jakob jemals in dessen Gesicht gesehen hatte. Obwohl Rick nur um ein Jahr jünger war als er, hatte er es geschafft sich das jugendliche Aussehen und den Charme eines Mitt-Zwanzigers zu erhalten. Das hatte ihm auch einen Blick eingebracht, der meist ein spitzbübisches Lächeln im Augenwinkel trug, so als ob er gerade an etwas ziemlich unanständiges oder verdammt lustiges dachte. Was wohl auch oft der Fall war. Aber in diesem Moment, als die beiden in Befragungszimmer 3 des 28. Reviers sassen, konnte Jakob zum ersten Mal sehen, wie verdammt Ernst es Rick war und dass dieser wirklich Angst hatte. Jay wusste, dass er diesen Blick sein lebenlang nicht mehr vergessen würde.
Jay räusperte sich.
"Also ein scheinbarer Indiz und ein scheinbarer Zeuge. Haben sie auch ein Motiv gegen Dich in der Hand?"
Rick senkte den Blick.
"Du hattest ein Verhältnis mit ihr?"
"Shhh.", zischte der Verhaftete und nickte in Richtung der Überwachungskamera die im Eck über der Tür zu dem Zimmer hing.
"Du hattest ein Verhältnis mit Margret Lieberman...", wiederholte Jay unbekümmert und nickte dabei anerkennend, "Selbst wenn sie das noch nicht wissen, wissen sie es bald. Ein Mann in deinem Alter, der seit Jahren keine Beziehung mehr hatte, aber beruflich fast ausschliesslich mit frisch Geschiedenen oder Ehebrecherinnen zu tun hat. Na, da braucht man keinen Abakus um das zu summieren..."
"Du hast auch keine Freundin, Mister Abakus."
"Ich bin Witwer.", gab Jakob von dem Kommentar ungerührt zurück.
Ricks Gesicht bekam für einen Moment einen roten Glanz, aber die Wut die kurz aufgestiegen war, verging so schnell wie sie gekommen war. Er hatte im Moment offensichtlich ganz andere Sorgen, als das ihm sein Partner auf seine Sexgeschichten draufkam.
"Ich meine, ich weiß dass Du eine Affäre nach der anderen hast. Ich bin ja nicht zufällig in diesen Beruf gerutscht, aber Margret Lieberman ..und dann bringst du sie und ihren Mann auch noch um. Wow, Rick... da verschlägt es mir die Sprache."
"Ich habe die beiden nicht umgebracht. Verdammt nochmal. Ich dachte eigentlich, dass Du mir glauben würdest, und mir aus der Patsche hilfst."
"Du glaubst, du brauchst einen Privatdetektiv wichtiger als einen Anwalt?"
"Was ich brauche, ist ein Freund, du Idiot! Abgesehen davon, ist mein Anwalt schon am Weg. Also, hilfst Du mir? Findest Du raus was hier gespielt wird?"
"Das heißt also, Du bist der Meinung, dass dir jemand was unterschieben will?"
"Genau. Jay, Du kennst mich jetzt seit fast 25 Jahren. Vertrau mir - ich war es nicht."
"Alles klar, ich werde mich sofort an die Arbeit machen.", Jay stand auf und schüttelte Rick zum Abschied die Hand.
"Achja, hast Du wenigstens ein Alibi?"
Rick schüttelte schweigend den Kopf.
"Keine verheiratete Frau, die Dich zur Tatzeit zwischen ihren Schenkeln gesehen hat? Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt die Ehre einer Frau zu schützen, die von ihrem Ehemann zu wenig Aufmerksamkeit bekommt."
"Ich war allein. Und jetzt hau endlich ab.", knurrte Rick, dem die Sticheleien seines Kollegen langsam zuviel wurden.
Jakob ging zur Tür und klopfte, damit ihn der Wacheschiebende Polizist raus lies.
- BM out -
04:21
'Rick'
Das Licht des Displays war unglaublich grell, gerade im Vergleich mit der gerade erst entdeckten Dunkelheit des Schlafzimmers. Jay drückte schnell die grüne Wähl-Taste um das Gespräch anzunehmen. Statt einer Begrüßung gähnte er laut, nur um seinen Gesprächspartner gleich mal wissen zu lassen, was er davon hielt, mitten in der Nacht geweckt zu werden.
"Jay!", Rick klang ziemlich aufgeregt. Es war eine feine Nuance, die den Klang seiner Stimme von seinem üblichen Enthusiasmus trennte, aber Jay konnte die beiden ganz gut auseinander halten.
"Ich weiß. Und ich schätze mal, du weisst wie spät es ist?"
"Ja, ich weiß.. und es tut mir leid. Aber ich brauche Dich ganz dringend am 28. Revier. Komm so schnell Du kannst, es ist wirklich wichtig."
Jay seufzte tief. Wenn die Stimme seines Kollegen nicht von so einer ernsthaften Dringlichkeit durchdrungen gewesen wäre, hätte er es sich vielleicht überlegt, ob er nicht lieber nochmal rumrollt, die Decke über den Kopf zieht und die letzten 2 Stunden seines verdienten Schlafs konsumieren wollte. So jedoch nickte er bloß, was Rick zwar nicht hören konnte, aber sowieso antizipiert hatte, und legte auf.
Während er die Füße über den Bettrand schob um ins Badezimmer zu trotten, vergas er seinen ersten Gedanken auch schon wieder: die Einstellungen der Klimaanlage für die Nacht ein wenig hochzudrehen.
Die große Uhr an der Wand des Eingangsbereiches zum 28. Revier war gerade drauf und dran seinen Zeiger auf 4:45 zu schieben, als Jay die Halle betrat und auf den diensthabenden Polizisten zuschlenderte. Er hatte sich mit der notwendigen Katzenwäsche begnügt um menschlich zu wirken, und auf Feinheiten für sein gewohntes Auftreten verzichtet. Solange die Haare nicht in alle Richtungen standen, die Zähne geputzt waren und die Kleidung in Ordnung, sollte es ja wohl reichen um seinen Morgen auf einem Polizeirevier zu beginnen.
"Guten Morgen, ich bin Jakob Lauroto. Ich komme zu Mr Cavalera."
"Cavalera? Oh, ich weiß schon. Befragungszimmer 3. Das ist im 2. Stock, links. Ist angeschrieben."
Jay nickte ihm zu und marschierte auf die Treppe zu. Er kannte das 28. Revier nicht wirklich, aber er hatte schon soviel Zeit auf Polizeirevieren verbracht, und die meisten waren sich doch ähnlich angelegt.
Jakob Lauroto war jemand der meistens müde und abgespannt wirkte. Das mag für eine Uhrzeit kurz vor 5 in der früh auf viele Leute zutreffen, aber für Jay gehörte es zu seinem Äußeren wie das immer mehr werdende Grau in den Haaren oder dass er immer in dunkelblauen Anzügen rumlief. Es lag an seinen Augen, das wusste er. Es war der Ausdruck seiner Augen, die ihn stets so müde wirken liesen. Das war schon als er noch ein Junge war so gewesen, und hatte ihm oft zum Vorteil und manchmal aber auch zum Schlechteren gereicht. Und auch die letzten 20 Jahre, in denen er als Privatdetektiv gearbeitet hatte, hatten einiges zu diesem Gesichtsausdruck beigetragen.
Jetzt wo er seinen 42. Geburtstag hinter sich hatte, dachte er sich, hatte er es sich verdient, so fertig auszusehen wie er sich oft fühlte. Doch wenn es jemanden gab, der so wirkte als hätte er eine harte Nacht hinter sich, dann war das sein Kollege Rick Cavalera, als Jakob ins Besprechungszimmer 3 kam.
Ein junger Officer stand vor der Tür des Befragungszimmers. Jay nannte seinen Namen und zeigte ihm seinen Ausweis, und erklärte, dass Rick ihn angerufen hatte und sie Kollegen waren. Der junge Mann deutete ihm einen Moment zu warten und öffnete die Tür, wechselte ein paar Worte bis ein anderer Polizist in der Tür erschien. Das bekannte Gesicht von Inspector Valentine, der es sich zur Aufgabe gemacht hatte dem Klischee eines überarbeiteten, mürrischen Fernseh-Polizisten zu entsprechen, tauchte neben dem Türrahmen auf und winkte ihn hinein. Kaum das Jay das Befragungszimmer betreten hatte, verlies Valentine den Raum auch schon wieder. "Ich geb' euch 10 Minuten Jungs, das bin ich euch schuldig."
Zu Jakobs Erstaunen waren Rick und er plötzlich allein.
"Was geht hier vor?", Jay lies sich auf dem Metallsessel gegenüber seines langjährigen Partners nieder. Die beiden trennte nun nur mehr der wackelige Blechtisch. Der Raum war in einer stahlgrauen Farbe gestrichen, die mehr als nur nüchtern wirkte, und das kalte Neonlicht der Röhre über ihnen trug den Rest bei. Das war ein Ort, an dem man nicht freiwillig viel Zeit verbrachte.
Rick saß mit hängenden Schultern vor ihm, eine Pose die so unnatürlich und falsch wirkte, wenn man ihn kannte, und wusste wie das Gehabe dieses Mannes sonst war.
"Es tut mir leid, dass ich dich da mitten in der Nacht aus dem Schlaf gerissen habe. Aber es ist wirklich wichtig. Du musst mir genau zu hören."
Jay machte eine Handbewegung um Rick zu signalisieren, dass er nicht vorhatte zu unterbrechen.
"Also: es geht um Mord. Doppelmord sogar. Ich wurde deswegen vor ca zwei Stunden verhaftet...", wie um es zu beweisen hob Rick die beiden Arme unter dem Tisch hervor, die in Handschellen gefasst waren.
"Du hast jemanden umgebracht?", unterbrach Jay doch Ricks Redefluss, mit einem überraschten Einwurf.
"Natürlich nicht!", gab dieser scharf zurück. "Also: Ich weiß nicht viel. Valentine ist zwar ein alter Bekannter, aber er wollte ein Geständnis von mir, und glaubt scheinbar ich stelle mich dumm oder so. Die Toten sind Mister Steven Lieberman und seine Frau Margret Lieberman. Sie wurden heute gegen Mitternacht in ihrer Wohnung erschossen."
"Und warum glauben die Cops dass Du es warst?"
"Indizien."
"Indizien?"
"Ja, sie haben scheinbar irgendwas persönliches von mir dort gefunden. Außerdem gibt es scheinbar einen Zeugen."
"Ein scheinbarer Zeuge?"
"Ja, jemand will mich flüchten gesehen haben."
"Das ist ein Scherz."
"Nein. Das ist kein Scherz."
"Wir haben Mitte Oktober, was wird das? Ein verspäteter 1. April? Ein vorgezogener Halloween-Schock?", Jakob fing zu lachen an, bis ihm Ricks Blick die Kehle zuschnürte.
Rick starrte ihn mit dem ernstesten Blick an, den Jakob jemals in dessen Gesicht gesehen hatte. Obwohl Rick nur um ein Jahr jünger war als er, hatte er es geschafft sich das jugendliche Aussehen und den Charme eines Mitt-Zwanzigers zu erhalten. Das hatte ihm auch einen Blick eingebracht, der meist ein spitzbübisches Lächeln im Augenwinkel trug, so als ob er gerade an etwas ziemlich unanständiges oder verdammt lustiges dachte. Was wohl auch oft der Fall war. Aber in diesem Moment, als die beiden in Befragungszimmer 3 des 28. Reviers sassen, konnte Jakob zum ersten Mal sehen, wie verdammt Ernst es Rick war und dass dieser wirklich Angst hatte. Jay wusste, dass er diesen Blick sein lebenlang nicht mehr vergessen würde.
Jay räusperte sich.
"Also ein scheinbarer Indiz und ein scheinbarer Zeuge. Haben sie auch ein Motiv gegen Dich in der Hand?"
Rick senkte den Blick.
"Du hattest ein Verhältnis mit ihr?"
"Shhh.", zischte der Verhaftete und nickte in Richtung der Überwachungskamera die im Eck über der Tür zu dem Zimmer hing.
"Du hattest ein Verhältnis mit Margret Lieberman...", wiederholte Jay unbekümmert und nickte dabei anerkennend, "Selbst wenn sie das noch nicht wissen, wissen sie es bald. Ein Mann in deinem Alter, der seit Jahren keine Beziehung mehr hatte, aber beruflich fast ausschliesslich mit frisch Geschiedenen oder Ehebrecherinnen zu tun hat. Na, da braucht man keinen Abakus um das zu summieren..."
"Du hast auch keine Freundin, Mister Abakus."
"Ich bin Witwer.", gab Jakob von dem Kommentar ungerührt zurück.
Ricks Gesicht bekam für einen Moment einen roten Glanz, aber die Wut die kurz aufgestiegen war, verging so schnell wie sie gekommen war. Er hatte im Moment offensichtlich ganz andere Sorgen, als das ihm sein Partner auf seine Sexgeschichten draufkam.
"Ich meine, ich weiß dass Du eine Affäre nach der anderen hast. Ich bin ja nicht zufällig in diesen Beruf gerutscht, aber Margret Lieberman ..und dann bringst du sie und ihren Mann auch noch um. Wow, Rick... da verschlägt es mir die Sprache."
"Ich habe die beiden nicht umgebracht. Verdammt nochmal. Ich dachte eigentlich, dass Du mir glauben würdest, und mir aus der Patsche hilfst."
"Du glaubst, du brauchst einen Privatdetektiv wichtiger als einen Anwalt?"
"Was ich brauche, ist ein Freund, du Idiot! Abgesehen davon, ist mein Anwalt schon am Weg. Also, hilfst Du mir? Findest Du raus was hier gespielt wird?"
"Das heißt also, Du bist der Meinung, dass dir jemand was unterschieben will?"
"Genau. Jay, Du kennst mich jetzt seit fast 25 Jahren. Vertrau mir - ich war es nicht."
"Alles klar, ich werde mich sofort an die Arbeit machen.", Jay stand auf und schüttelte Rick zum Abschied die Hand.
"Achja, hast Du wenigstens ein Alibi?"
Rick schüttelte schweigend den Kopf.
"Keine verheiratete Frau, die Dich zur Tatzeit zwischen ihren Schenkeln gesehen hat? Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt die Ehre einer Frau zu schützen, die von ihrem Ehemann zu wenig Aufmerksamkeit bekommt."
"Ich war allein. Und jetzt hau endlich ab.", knurrte Rick, dem die Sticheleien seines Kollegen langsam zuviel wurden.
Jakob ging zur Tür und klopfte, damit ihn der Wacheschiebende Polizist raus lies.
- BM out -
Black_Mage - am Sonntag, 7. Oktober 2007, 12:49 - Rubrik: Geschriebenes