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Ich habe meist irgendeinen Freizeit-Fokus. Eine Zeitlang waren es Webcomics, wo ich eine extensive Leseliste hatte und jeden Tag Stunden draufgegangen sind um mich aktuell zu halten.
Dann gab es eine Zeit wo ich so viel Zeit auf Wikipedia verbracht habe, dass die (sicherheitshalber weiterhin gültige) Regel „keine neuen Wiki-Seiten nach 23h“ eingeführt werden musste.
Stunden auf dummen Bilderseiten wie Chive oder 9gag folgten exzessiven Kino-Besuchen. Aktuell ist es definitiv Youtube, wo ich alleine ein dutzend Kanäle für Wissenstransfer abonniert habe um kein neues Video zu verpassen.

Vor einigen Jahren habe ich viel Zeit damit verbracht US Talkshows aus dem Abendprogramm im Internet nachzuholen. Für politische Satire waren hier die „Daily Show with Jon Stewart“ und „The Colbert Report“ im Einsatz. Bei den klassischen Late-Night-Shows habe ich gerne Mal Conan, Kimmel oder Fallon geschaut – aber nur Clips. Die kompletten Shows haben mich nie interessiert, schon gar nicht die Interviews mit den diversen Berühmtheiten die ihr aktuelles Projekt promoten wollten.
Nur bei einem habe ich immer die kompletten 40 Minuten geschaut: Craig Ferguson.

Die “Late Late Show with Craig Ferguson” war anders. Sie war herrlich dumm und abgedreht, die Monologe waren frei gesprochen aber durchdacht, es waren weniger einstudierte Witze und vor allem wurden all diese typischen Talkshow-Elemente wie Live-Band und Co-Moderator mit ihren vor-geschriebenen Dialogen nicht eingesetzt.

Craig nutzte für den coldopen gerne Tier-Handpuppen (wie zB Hase, Krokodil oder Hai), deren Persönlichkeit es ihm erlaubten andere Blickwinkel einzunehmen.
Wenn seine Interview-Gäste zu ihm auf die Bühne kamen, zerriss er demonstrativ die Cue-Karten und signalisierte damit „Wir unterhalten uns da jetzt und deine Werbung ist sekundär.“ Bei den wiederkehrenden Gästen konnte man sehen, dass sie diese Herangehensweise zu schätzen wussten, und oft viel privater geplaudert wurde. Dass Craig gerade bei weiblichen Interview-Partnern seinen Charme spielen ließ machte das ganze umso sehenswerter.

Craig betonte immer, dass es ihm darum ginge das Late-Nightshow-Format zu dekonstruieren.
Das gelang ihm zum Beispiel mit dem Pferd ‚Secretariat‘, 2 Typen in einem Faschings-Pferdekostüm. Wenn es an der Tür klingelte und Craig rief wer das denn sein konnte, stürmte Secretariat herein, tanzte zur Musik im Kreis und verschwand dann wieder. 30 Sekunden Absurdität.
Im neuen Studio hatte Secretariat am Bühnenrand seinen Stall mit Schwingtür und war somit viel mehr in die Show involviert.

Die Sendung und ihre running gags (Hobo-Publikum, Lesbian Row, eMails/Twitter-Jingles) entwickelten sich aber konstant weiter.
So bekam Craig dann doch noch einen Sidekick. Einen schwulen Skelett-Roboter namens Geoff, der erst nur 8 vorprogrammierte Sätze sprechen konnte und dann von Josh Robert Thompson kontrolliert wurde. Josh ins Team aufzunehmen war ein unglaublicher Gewinn, da er als professioneller Stimmen-Imitator verdammt viel zur Sendung beigetragen hat.

Nachdem die Show in ein neues, größeres Studio umgezogen war, hatten sie auch endlich den Platz für eine Band. „Alfredo Sauce & the shy fellas“ war jedoch (wie der Name verrät) so schüchtern, dass sie immer hinter dem roten Vorhang blieben. Auf Aufforderung durch Craig spielten sie auch ein Swing-Lied an, oder beantworteten seine Fragen, .

Ende 2014 beendete Craig Ferguson seinen Vertrag mit CBS. Damals fanden einige Rochaden über alle Fernsehkanäle und Late-Shows hinweg statt.

Heute schaue ich gerne den Monolog von Stephen Colbert, der seine Persona aus dem Report hinter sich gelassen hat und nun eine ‚normale‘ Late-Show hat. Die Daily Show habe ich schon vor Jon Stewards Abgang aufgehört zu schauen – sie war zu Bush-Zeiten bissiger als unter Obama. Dafür hat Daily Show Allumni John Oliver sonntags eine Sendung auf HBO die tolle, kritische Reportagen mit schrägem und schwarzen Humor verknüpft. Die „a closer look“-Segmente von Seth Meyers sind ebenfalls sehr sehenswert – der restlichen Sendung merkt man Meyers SNL-Wurzeln an, da sie sehr gescripted und eindeutig von einem Team an Witzeschreibern geprägt ist.
Die Late Late-Show wird jetzt von James Corden moderiert – ich habe noch keine einzige Episode geschaut.
Ich habe mir auch noch nie die neue Show angeschaut die Craig jetzt präsentiert…

Seit einigen Tagen schaue ich dafür alte Folgen und Zusammenschnitte der "Late Late Show with Craig Ferguson", lache mich schief und wische mir die Lachtränen aus den Augen. So traurig es ist, dass es die Sendung in diesem Format nicht mehr gibt, solange ich Youtube habe, muss ich ihr nicht hinterher weinen.

- BM out -
 

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