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Die Ausgangssituation: Ivan ist bei einem großen Telekommunikationsunternehmen angestellt, und die meisten Leute halten ihn für einen netten, bemühten und kompeteten Kerl. Wenige wissen, dass er glaubt er könne das Wetter kontrollieren, und dass das "Schnurren einer Kettensäge" zu seinen Lieblingsgeräuschen gehört. Patrick Bateman aus "American Psycho" gehört zu seinen Heroen, und somit sollte all jenen, die ihn nur als den netten Verkäufer kennen, eines klar sein: Wenn er dich feundlich anlächelt, stimmt was nicht.
Das Problem: Ivan ist nicht fiktional. Ivan ist derjenige, der mir "Der Siebte Tod" empfohlen hat.

"Der Siebte Tod" ist ein Thriller, der sich großartiger Kritiken rühmen kann. Obwohl ein Erstlingswerk wurde es mit Lob nur so überhäuft und mit Büchern wie "American Psycho" und "Das Schweigen der Lämmer" verglichen. Das sagt schon einiges aus. Die Richtung, die das Buch einschlägt, wird einem schon auf der Rückseite mit folgenden Worten klar gemacht:
"Mein Name ist Joe, ich bin eigentlich ein netter Kerl. Nur manchmal bringe ich Frauen um."
Ich will nichts verraten, aber so nett finde ich Joe eigentlich gar nicht. Aber dazu später mehr.

Zum Plot: "Der Siebte Tod" (die unglückliche Übersetzung zum Originaltitel: "The Cleaner") erzählt die Geschichte von Joe, dem 'Schlächter von Christchurch'. Ein Serienmörder der die Polizei und Medien in Atem hält, und die Frauen in Christchurch früh abends Ketten vor die Tür legen lässt. Was Joe zu Beginn des Buches ein wenig aufregt, ist die Tatsache, dass ihm ein Trittbrettfahrer einen Mord unterjubeln will. Und so beschliesst Joe diesen Typen zu finden und ihm auch gleich die eigenen Morde unterzuschieben - und Joe hat ziemlich gute Karten in der Hand. Denn wo, wie Joe es so schön ausdrückt, die Polizei auf der Suche nach dem Täter mit "Dartpfeilen auf das Telefonbuch wirft" hat Joe einen kleineren Kreis an Verdächtigen. Joe arbeitet nämlich als Putzhilfe am Polizeipräsidium, und da er sich für geistig zurückgeblieben ausgibt, stehen ihm dort alle Türen offen...

Gut, wir haben es hier also mit einem Thriller zu tun. Mit einem klassischen Katz und Maus-Spiel. Mörder und Polizei die sich umkreisen, und nie weiß man wessen Falle zuerst zuschnappt. Worin sich "Der siebte Tod" aber wesentlich unterscheided ist der Blickwinkel: Wir erleben die Geschichte aus der Ich-Perspektive eines Soziopathen und das ist auf eine gewisse Weise beängstigend.

Joe ist absolut kalt und skrupellos. Er weiß zwar dass es nicht richtig ist zu morden, aber nunja, jeder braucht ein Hobby und er kann es nunmal. Ein schlechtes Gewissen hat er deswegen aber nicht. Die ersten Kapitel hat man daher auf alle Fälle einen gewissen Ekel gegenüber Joe und seiner Welt, an den man sich aber dann doch gewöhnt. Wobei ich sagen muss, dass Joe mir zu keinem Zeitpunkt wirklich sympathisch geworden ist, ich aber durch spätere Ereignisse im Buch doch ein wenig mit ihm mitfühlen konnte.

Was dieses Buch aber trotz seines Blickwinkels und seiner Nähe zu der kranken Gedankenwelt eines Soziopathen so lesenswert macht ist nicht bloß die spannende Geschichte sondern vorallem, dass es sich der Autor erspart zu sehr ins Detail zu gehen. Auf der einen Seite überlässt er damit natürlich der eigenen Vorstellungskraft ein breites Feld, was oft noch schlimmer ist als eine detailierte Beschreibung. Es ist aber angenehm dass man nicht mit den Einzelheiten von Vergewaltigungen und Morden konfrontiert wird.

Ein zusätzliches Element, dass der Autor eingebaut hat, sind die immer wiederkehrenden Kapitel aus der Sicht von Sally, einer Arbeitskollegin von Joe. Denn Joe glaubt das Sally 'auch' geistigbehindert ist, und nimmt sie nie wirklich ernst und durchschaut bis zum Schluss nicht, dass er es mit einer 'normalen' Frau zu tun hat. Dieser Perspektivenwechsel ergänzt die Geschichte sehr gut, und gibt dem Buch eine zusätzliche Schicht von Authenzität, da Sally ein komplett eigenes Leben führt.

Für mich war das Buch noch aus einem weiteren Aspekt spannend, weil ich ja selbst erst letztes Jahr in Christchurch war, und dadurch einige der erwähnten Ort entweder selbst besucht habe, oder die Gegend zumindest vom Stadtplan kenne. Ein blutiges Wiedersehen also.

Ich kann diesen außergewöhnlich spannenden Thriller wirklich nur jedem empfehlen. Das Buch ist großartig geschrieben, hat einen dynamischen Fluss und bietet einige Elemente die anderen Thrillern eindeutig fehlen. Den australischen Autor sollte man im Auge behalten. Sowohl was weitere Bücher angeht, als auch ob sich in seiner Umgebung nicht die Morde häufen. Denn wer so einen Einblick in die Psyche eines Serienmörders liefert ...nunja, der Ivan ist ja auch ein ganz netter :)

- BM out -
 

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