Jakob ging natürlich nicht schlafen. Statt dessen fuhr er ins Büro. Wenn Rick glaubte, dass ihm jemand was in die Schuhe schieben wollte, und er zur Tatzeit nicht in der Wohnung der Liebermans gewesen ist, dann konnte Jay sich nicht auf das verlassen was ihm Inspector Valentine als Wahrheit auftischte. Er brauchte einen komplett frischen Ansatz. Die Cops glaubten an das was sie gefunden hatte, und die Story war stimmig, sie würden nicht nach Ungereimtheiten suchen.
Er hatte sich, als er wieder im Wagen gessen war, gleich ein paar Notizen gemacht, was ihm seltsam vorgekommen war. So gab es keine Spur von der Tatwaffe, und auch dass keine Schmauchspuren an Ricks Händen festgestellt werden konnten, schien niemanden vom Mord-Dezernat zu beunruhigen. Natürlich wusste er nichts von Ricks geheimen Fantasien oder Margret Liebermans sexuellen Vorlieben, aber er hatte Zweifel, dass Rick beim Sex Handschuhe getragen hatte. Und auch die Präzession, mit der beiden Opfern ins Gesicht geschossen wurde... Rick verbrachte mindestens einen Tag die Woche am Schussstand, und war sicherlich ein ziemlich guter Schütze, definitiv ein besserer als Jakob, aber ob er das mitten in einem Gefühlschaos, wie es Valentine beschrieben hatte, bringen konnte?
Jakob lehnte sich in seinem Sessel zurück und holte tief Luft. Plötzlich hatte er das Gefühl, dass er das nur sehen wollte, weil Rick ihn darum gebeten hatte. Dass er sich einredete, einer seiner ältesten Freunde könne einfach kein Mörder sein.
Jay warf einen Blick auf die Uhr und griff dann zum Telefon. Er rief Julie, die Bürogehilfin, Sekretärin, Mädchen für Alles und, neben Rick, Dritte im Bunde von Private Eyes Inc, an. Er erklärte ihr in wenigen Worten was passiert war, und dass das Büro vorübergehend geschlossen sei, bis die Sache geklärt sei, und sie solange bezahlten Urlaub nehmen solle. Als das Gespräch beendet war, stellte er sich kurz die Frage was wohl aus Julie werden würde, sollte es tatsächlich soweit kommen, dass sie das Geschäft dicht machen mussten. Sie war immerhin alleinerziehend, und Leon ein wirklich guter Junge. Schnell verdrängte er dieses Szenario wieder. Wenn es Beweise gab, das Rick nicht der Täter war, dann würde er sie finden müssen. Bevor er das Büro verlies, schnappte er sich noch den Akt der Liebermans aus dem gut sortierten Schrank. Sie behielten von jedem Fall den sie übernahmen eine Kopie, und ausnahmsweise lohnte sich der ganze Papierkram mal.
Als Jakob Lauroto bei dem Wohnblock in der 86. Strasse ankam, war es bereits halb 8. Zu seinem Glück waren aber immer noch zwei Männer von der Spurensuche vor Ort, welche die Wohnung nach der Tatwaffe abgesucht hatten. Gerade als Jay vor der Tür aufkreuzte, wollten sie den Tatort ohne Ergebnisse verlassen.
Er zeigte ihnen seine Lizenz, "Hey, Inspector Valentine hat mir erlaubt mich kurz umzusehen. Die Opfer waren Kunden, ich fasse auch nichts an."
Die beiden tauschten kurz einen Blick aus, und dann zuckte der Ältere mit den Schultern. "Unsere Arbeit ist sowieso längst erledigt. Viel Spaß." Sie packten ihre Taschen und duckten sich unter den gelben Absperrbändern durch.
Jay betrat die Wohnung, in der sich offensichtlich ein kostspieliger Innenausstatter austoben durfte. Die Wände waren in einem sanften Creme-Ton ausgemalt, der Boden mit glattpoliertem Echtholz ausgelegt. Alles wirkte ein wenig teurer als nötig gewesen wäre, handverlesen und stilvoll. Er wanderte planlos durch die Gegend, lies seinen Blick über die Bilder und wenigen Ziergegenstände gleiten. Die Wohnung wirkte zwar bewohnt, aber nicht wirklich persönlich, ohne jedoch kalt und abwesend zu sein. Atmosphärisch hielt sich die selbe seltsame Balance, in der sich die Einrichtung zwischen Schlichtheit und überladenem Geprotze bewegte. Der Privatdetektiv versuchte sich vorzustellen, wie es wohl sein musste, so zu leben. In der Mitte, zwischen den Extremen.
Schliesslich kam er irgendwann in dem geräumigen Schlafzimmer an, bisher war ihm nichts auffälliges ins Auge gesprungen. Nichts, das ihm dabei half, die Ungereimtheiten zu erklären und Rick reinzuwaschen.
Jakob fand das Zimmer genauso vor, wie es in den Fotos und Beschreibungen von Inspector Valentines Akt dargestellte worden war. Das übergroße schmiedeeiserne Bett, mit den noch zerwühlten Kissen und Decken in dem Margret Lieberman tot zusammengebrochen war, nachdem man sie erschossen hatte.
Die Umrisse, wo Steven Lieberman mit einer Kugel im Kopf gestorben war, befanden sich direkt vor Jays Füssen. Dunkle Blutflecken, vertrocknete kleine Poole, sowie vereinzelte Spritzer bildeten ein abstraktes Muster auf dem Holzboden.
Jakob stellte sich das Szenario vor, wie es ihm Valentine geschildert hatte, alles schien plausibel, ja so musste es abgelaufen sein. Auch wenn er Privater Ermittler war, hatte er weniger ein kriminalistisches Gespür, um solche Fälle zu lösen. Sein Talent lag eher darin, dass er spüren konnte, ob jemand die Wahrheit sagte oder sich da besondere Freiheiten nahm. Selbst jahrelanges Training im Verfolgen von Fernseh-Serien, wo mit Bauchgefühl und Technik-Schnickschnack jeder Täter überführt wurde, halfen ihm hier nicht, die Wahrheit herauszufinden. Wenn es denn eine andere Wahrheit gab, als die, von der Polizei aufgestellten Theorie.
Das Schlafzimmer schien noch der persönlichste Raum der Liebermans gewesen zu sein, hier fanden sich Fotorahmen mit Bildern aus den früheren Tagen des Paares, Zeitschriften und Bücher auf den Nachtkästchen, eine Spieluhr auf der Frisier-Kommode, ein signierter Baseball in einer kleinen Vitrine. Jay prägte sich alles genau ein.
Als er sich zwischen den Absperrbändern hindurchduckte, fiel die Tür hinter ihm in den Rahmen, aber das Schloß schnappte nicht ein. Offensichtlich hatten die eintreffenden Einsatzkräfte die Tür gewaltsam öffnen müssen.
- BM out -
Er hatte sich, als er wieder im Wagen gessen war, gleich ein paar Notizen gemacht, was ihm seltsam vorgekommen war. So gab es keine Spur von der Tatwaffe, und auch dass keine Schmauchspuren an Ricks Händen festgestellt werden konnten, schien niemanden vom Mord-Dezernat zu beunruhigen. Natürlich wusste er nichts von Ricks geheimen Fantasien oder Margret Liebermans sexuellen Vorlieben, aber er hatte Zweifel, dass Rick beim Sex Handschuhe getragen hatte. Und auch die Präzession, mit der beiden Opfern ins Gesicht geschossen wurde... Rick verbrachte mindestens einen Tag die Woche am Schussstand, und war sicherlich ein ziemlich guter Schütze, definitiv ein besserer als Jakob, aber ob er das mitten in einem Gefühlschaos, wie es Valentine beschrieben hatte, bringen konnte?
Jakob lehnte sich in seinem Sessel zurück und holte tief Luft. Plötzlich hatte er das Gefühl, dass er das nur sehen wollte, weil Rick ihn darum gebeten hatte. Dass er sich einredete, einer seiner ältesten Freunde könne einfach kein Mörder sein.
Jay warf einen Blick auf die Uhr und griff dann zum Telefon. Er rief Julie, die Bürogehilfin, Sekretärin, Mädchen für Alles und, neben Rick, Dritte im Bunde von Private Eyes Inc, an. Er erklärte ihr in wenigen Worten was passiert war, und dass das Büro vorübergehend geschlossen sei, bis die Sache geklärt sei, und sie solange bezahlten Urlaub nehmen solle. Als das Gespräch beendet war, stellte er sich kurz die Frage was wohl aus Julie werden würde, sollte es tatsächlich soweit kommen, dass sie das Geschäft dicht machen mussten. Sie war immerhin alleinerziehend, und Leon ein wirklich guter Junge. Schnell verdrängte er dieses Szenario wieder. Wenn es Beweise gab, das Rick nicht der Täter war, dann würde er sie finden müssen. Bevor er das Büro verlies, schnappte er sich noch den Akt der Liebermans aus dem gut sortierten Schrank. Sie behielten von jedem Fall den sie übernahmen eine Kopie, und ausnahmsweise lohnte sich der ganze Papierkram mal.
Als Jakob Lauroto bei dem Wohnblock in der 86. Strasse ankam, war es bereits halb 8. Zu seinem Glück waren aber immer noch zwei Männer von der Spurensuche vor Ort, welche die Wohnung nach der Tatwaffe abgesucht hatten. Gerade als Jay vor der Tür aufkreuzte, wollten sie den Tatort ohne Ergebnisse verlassen.
Er zeigte ihnen seine Lizenz, "Hey, Inspector Valentine hat mir erlaubt mich kurz umzusehen. Die Opfer waren Kunden, ich fasse auch nichts an."
Die beiden tauschten kurz einen Blick aus, und dann zuckte der Ältere mit den Schultern. "Unsere Arbeit ist sowieso längst erledigt. Viel Spaß." Sie packten ihre Taschen und duckten sich unter den gelben Absperrbändern durch.
Jay betrat die Wohnung, in der sich offensichtlich ein kostspieliger Innenausstatter austoben durfte. Die Wände waren in einem sanften Creme-Ton ausgemalt, der Boden mit glattpoliertem Echtholz ausgelegt. Alles wirkte ein wenig teurer als nötig gewesen wäre, handverlesen und stilvoll. Er wanderte planlos durch die Gegend, lies seinen Blick über die Bilder und wenigen Ziergegenstände gleiten. Die Wohnung wirkte zwar bewohnt, aber nicht wirklich persönlich, ohne jedoch kalt und abwesend zu sein. Atmosphärisch hielt sich die selbe seltsame Balance, in der sich die Einrichtung zwischen Schlichtheit und überladenem Geprotze bewegte. Der Privatdetektiv versuchte sich vorzustellen, wie es wohl sein musste, so zu leben. In der Mitte, zwischen den Extremen.
Schliesslich kam er irgendwann in dem geräumigen Schlafzimmer an, bisher war ihm nichts auffälliges ins Auge gesprungen. Nichts, das ihm dabei half, die Ungereimtheiten zu erklären und Rick reinzuwaschen.
Jakob fand das Zimmer genauso vor, wie es in den Fotos und Beschreibungen von Inspector Valentines Akt dargestellte worden war. Das übergroße schmiedeeiserne Bett, mit den noch zerwühlten Kissen und Decken in dem Margret Lieberman tot zusammengebrochen war, nachdem man sie erschossen hatte.
Die Umrisse, wo Steven Lieberman mit einer Kugel im Kopf gestorben war, befanden sich direkt vor Jays Füssen. Dunkle Blutflecken, vertrocknete kleine Poole, sowie vereinzelte Spritzer bildeten ein abstraktes Muster auf dem Holzboden.
Jakob stellte sich das Szenario vor, wie es ihm Valentine geschildert hatte, alles schien plausibel, ja so musste es abgelaufen sein. Auch wenn er Privater Ermittler war, hatte er weniger ein kriminalistisches Gespür, um solche Fälle zu lösen. Sein Talent lag eher darin, dass er spüren konnte, ob jemand die Wahrheit sagte oder sich da besondere Freiheiten nahm. Selbst jahrelanges Training im Verfolgen von Fernseh-Serien, wo mit Bauchgefühl und Technik-Schnickschnack jeder Täter überführt wurde, halfen ihm hier nicht, die Wahrheit herauszufinden. Wenn es denn eine andere Wahrheit gab, als die, von der Polizei aufgestellten Theorie.
Das Schlafzimmer schien noch der persönlichste Raum der Liebermans gewesen zu sein, hier fanden sich Fotorahmen mit Bildern aus den früheren Tagen des Paares, Zeitschriften und Bücher auf den Nachtkästchen, eine Spieluhr auf der Frisier-Kommode, ein signierter Baseball in einer kleinen Vitrine. Jay prägte sich alles genau ein.
Als er sich zwischen den Absperrbändern hindurchduckte, fiel die Tür hinter ihm in den Rahmen, aber das Schloß schnappte nicht ein. Offensichtlich hatten die eintreffenden Einsatzkräfte die Tür gewaltsam öffnen müssen.
- BM out -
Black_Mage - am Montag, 8. Oktober 2007, 21:23 - Rubrik: Geschriebenes