Ich sitze auf einer der breiten Holzbänke, gleich wenn man von der U6-Station runter kommt. Ich habe abgewartet bis der Höhepunkt der Mittagshitze endlich vorbei war um endlich mal wieder auf die Donauinsel zu kommen. Ich war viel zu lange von hier fort, und obwohl ich es nicht gemerkt habe, hat mir dieser Teil der Stadt gefehlt. Es fühlt sich gut und richtig an hier zu sitzen. Auch wenn es wesentlich wärmer ist, als mir gerade lieb ist.
Ich bin nicht der einzige der auf die Idee gekommen ist, hierher zu kommen, auch wenn es noch nicht völlig überlaufen ist, wie es wohl in etwa einer Stunde der Fall sein wird. Ich habe nicht vor, dann noch hier zu sitzen, aber in dem Moment ist es genau richtig so.
Ich schaue über die felsige Böschung hinweg aufs Wasser, das trübe alte Donau-wasser das sich Richtung schwarzem Meer schleppt. Auf der anderen Flussseite, über der eigentlichen Insel, ragt der Milleniumstower auf. Ich denke darüber nach, dorthin zu gehen, um mir beim Starbucks einen erfrischenden Frappuccino zu holen, als sich jemand neben mich setzt. Weniger neben mich, als mehr auf die selbe Bank, auf das Äußere Ende, weit genug entfernt um gerade noch auf der selben Bank zu sitzen.
Ich werfe einen kurzen Blick in die Richtung, und schätze sie auf irgendwo Anfang 20. Eine Schätzung die sich später als Richtig herausstellen soll, wobei es mir sonst schwerer fällt bei solchen Ratespielen richtig zu liegen. Sie fischt in ihrer Tasche nach einem Buch, über ihre eigentliche Erscheinung kann ich bei dem kurzen Seitenblick aber nichts feststellen. Ein Fischerhut verdeckt fast alle Haare, die scheinbar blond bis dunkelblond sind, und eine große Sonnenbrille die Oberhälfte des Gesichts.
Als sie gerade ihr Buch aufschlägt, sage ich laut: "Los jetzt, das ist ein Wettkampf keine Siesta. Bewegung!" Ich weiß nicht warum, wirklich, es ist ein Reflex. Inspiriert aus dem Buch das ich kürzlich zu Ende gelesen habe, wo ein dicker Russe im Drogenrausch den Wettlauf zweier Bäume anfeuert, wollte ich irgendetwas in der selben Art auch erleben. Statt Drogenrausch halt Sonnenstich, aber die Worte haben die gewünschte Wirkung. Ich höre wie sie das Buch sinken lässt, und spüre wie sie mich anschaut.
Ich drehe mich zu ihr, und lächle entschuldigend: "Sorry, ich habe nicht dich gemeint. Ich meine die beiden dort.", und deute gerade aus auf den Asphaltstreifen vor uns. Ihr Blick folgt meiner Hand und sie schaut mich fragend an.
Ich stehe auf und mache einen großen Schritt nach vorne, deute davor hockend auf zwei Steine die dicht nebeneinander kurz vor dem grünbraunen Grasstreifen liegen, der hinunter zum Ufer führt.
"Die beiden hier", erkläre ich nochmal und setze mich wieder auf die Bank. Neben sie. "Siehst Du den großen Stein dort vorne?", frage ich sie und deute auf den Grasstreifen.
"Den abgeschlagenen?", ihre Stimme ist völlig neutral, was mich wundert. Ich hätte entweder Skepsis oder Interesse erwartet.
"Genau den. Sie konnte sich nicht entscheiden, mit wem von beiden sie heute Abend fortgehen soll, und nun soll ein Wettrennen darüber entscheiden. Sie haben mich gebeten den Schiedsrichter zu spielen, aber das dauert mir jetzt langsam doch zu lange."
"Wie lange geht das jetzt schon?", fragt sie. Ich glaube ein unterdrücktes Lachen in der Frage zu hören.
Ich schaue auf meine nicht vorhandene Armbanduhr, seufze tief "20, 25 Minuten."
Sie nickt. Eine Pause entsteht und ich merke wie sie gerade ihr Buch wieder aufschlagen will, also rede ich schnell weiter.
"Es hat so gut begonnen, und jetzt kurz vorm Ziel geben sie auf. Anfangs dachte ich ja, dass wäre taktisches Kalkül, aber ich glaube mittlerweile, sie sind einfach so gute Freunde und keiner will dem anderen die Tour vermasseln."
Sie lässt das Buch wieder sinken, schaut erst mich an, dann die Steine. "Der Grasstreifen ist das Ziel?", fragt sie mich.
Ich nicke und brumme Bestätigung.
"Hm, das ist wirklich knapp."
Wir schauen beide die Steine an, schweigend.
"Wer glaubst Du gewinnt, sollten sie sich doch noch entscheiden es zu Ende zu bringen?", will sie plötzlich von mir wissen. Das Schweigen war nicht wirklich lang, aber es war ein gemeinsames Schweigen, finde ich.
"Ach, Mineralogie war noch nie meine Stärke. Ich kanns echt nicht sagen."
"Hm, als Schiedsrichter solltest Du wohl auch keinen Favoriten haben."
Ich lache. Mit der Antwort habe ich nicht gerechnet. Sie grinst.
"Hast Du einen Favoriten?"
"Ich glaube der blaugraue schafft es."
Ich schaue die beiden Steine genauer an, und tatsächlich ist der eine blaugrauer als der andere. Anthrazit vielleicht. Es ist der Stein der knapp 1 cm weiter vom Grassteifen entfernt liegt. Meine Stirn legt sich in Falten.
"Warum der?"
"Ich weiß nicht. Er schaut einfach windschnittiger aus, schneller. Ein Sieger halt."
"Aussehen? Du bist so oberflächlich?", ich mische eine große Portion Enttäuschung in meine Stimmung und rutsche ein Stück von ihr fort. Sie grinst und zupft einen Ärmel ihres T-Shirts zurecht.
Wir schauen wieder den Steinen zu, wie sie sich keinen Millimeter weiterbewegen. Es ist das Sportereignis für Schreckhafte.
Plötzlich steht sie auf und schiebt ihr Buch, von dem ich bisher noch immer nicht das Cover gesehen habe, zurück in die Handtasche.
"Wo gehst Du hin?", will ich wissen. Freundlich, rein informativ gefragt.
"Weiter.", meint sie. Macht eine Armbewegung die einen Großteil der Donauinsel und des umliegenden Wien umfasst.
"Ich komm mit, ok?" Ich hätte nicht um Erlaubnis fragen sollen, denke ich mir noch, während ich es sage.
"Was ist mit den Steinen, musst du nicht schiedsrichtern?", sie deutet auf die beiden blaugrauen Steine, die wenige Meter von uns auf dem Asphalt liegen.
Ich lege einen betroffenen Gesichtsausdruck auf, schaue zwischen den Steinen und ihr hin und her. "Ach, die schauen mir nicht so aus, als ob sie sich am Ende verprügeln, weil sie das Ergebnis nicht hinnehmen können. Die schaffen das auch ohne mich."
Sie grinst und nickt, dreht sich um und geht los. Ich hole sie schnell ein, und überlege mir, ob ich sie auf einen Frappuccino einladen soll. Es ist wirklich viel zu heiß um keinen zu trinken.
Ich bin nicht der einzige der auf die Idee gekommen ist, hierher zu kommen, auch wenn es noch nicht völlig überlaufen ist, wie es wohl in etwa einer Stunde der Fall sein wird. Ich habe nicht vor, dann noch hier zu sitzen, aber in dem Moment ist es genau richtig so.
Ich schaue über die felsige Böschung hinweg aufs Wasser, das trübe alte Donau-wasser das sich Richtung schwarzem Meer schleppt. Auf der anderen Flussseite, über der eigentlichen Insel, ragt der Milleniumstower auf. Ich denke darüber nach, dorthin zu gehen, um mir beim Starbucks einen erfrischenden Frappuccino zu holen, als sich jemand neben mich setzt. Weniger neben mich, als mehr auf die selbe Bank, auf das Äußere Ende, weit genug entfernt um gerade noch auf der selben Bank zu sitzen.
Ich werfe einen kurzen Blick in die Richtung, und schätze sie auf irgendwo Anfang 20. Eine Schätzung die sich später als Richtig herausstellen soll, wobei es mir sonst schwerer fällt bei solchen Ratespielen richtig zu liegen. Sie fischt in ihrer Tasche nach einem Buch, über ihre eigentliche Erscheinung kann ich bei dem kurzen Seitenblick aber nichts feststellen. Ein Fischerhut verdeckt fast alle Haare, die scheinbar blond bis dunkelblond sind, und eine große Sonnenbrille die Oberhälfte des Gesichts.
Als sie gerade ihr Buch aufschlägt, sage ich laut: "Los jetzt, das ist ein Wettkampf keine Siesta. Bewegung!" Ich weiß nicht warum, wirklich, es ist ein Reflex. Inspiriert aus dem Buch das ich kürzlich zu Ende gelesen habe, wo ein dicker Russe im Drogenrausch den Wettlauf zweier Bäume anfeuert, wollte ich irgendetwas in der selben Art auch erleben. Statt Drogenrausch halt Sonnenstich, aber die Worte haben die gewünschte Wirkung. Ich höre wie sie das Buch sinken lässt, und spüre wie sie mich anschaut.
Ich drehe mich zu ihr, und lächle entschuldigend: "Sorry, ich habe nicht dich gemeint. Ich meine die beiden dort.", und deute gerade aus auf den Asphaltstreifen vor uns. Ihr Blick folgt meiner Hand und sie schaut mich fragend an.
Ich stehe auf und mache einen großen Schritt nach vorne, deute davor hockend auf zwei Steine die dicht nebeneinander kurz vor dem grünbraunen Grasstreifen liegen, der hinunter zum Ufer führt.
"Die beiden hier", erkläre ich nochmal und setze mich wieder auf die Bank. Neben sie. "Siehst Du den großen Stein dort vorne?", frage ich sie und deute auf den Grasstreifen.
"Den abgeschlagenen?", ihre Stimme ist völlig neutral, was mich wundert. Ich hätte entweder Skepsis oder Interesse erwartet.
"Genau den. Sie konnte sich nicht entscheiden, mit wem von beiden sie heute Abend fortgehen soll, und nun soll ein Wettrennen darüber entscheiden. Sie haben mich gebeten den Schiedsrichter zu spielen, aber das dauert mir jetzt langsam doch zu lange."
"Wie lange geht das jetzt schon?", fragt sie. Ich glaube ein unterdrücktes Lachen in der Frage zu hören.
Ich schaue auf meine nicht vorhandene Armbanduhr, seufze tief "20, 25 Minuten."
Sie nickt. Eine Pause entsteht und ich merke wie sie gerade ihr Buch wieder aufschlagen will, also rede ich schnell weiter.
"Es hat so gut begonnen, und jetzt kurz vorm Ziel geben sie auf. Anfangs dachte ich ja, dass wäre taktisches Kalkül, aber ich glaube mittlerweile, sie sind einfach so gute Freunde und keiner will dem anderen die Tour vermasseln."
Sie lässt das Buch wieder sinken, schaut erst mich an, dann die Steine. "Der Grasstreifen ist das Ziel?", fragt sie mich.
Ich nicke und brumme Bestätigung.
"Hm, das ist wirklich knapp."
Wir schauen beide die Steine an, schweigend.
"Wer glaubst Du gewinnt, sollten sie sich doch noch entscheiden es zu Ende zu bringen?", will sie plötzlich von mir wissen. Das Schweigen war nicht wirklich lang, aber es war ein gemeinsames Schweigen, finde ich.
"Ach, Mineralogie war noch nie meine Stärke. Ich kanns echt nicht sagen."
"Hm, als Schiedsrichter solltest Du wohl auch keinen Favoriten haben."
Ich lache. Mit der Antwort habe ich nicht gerechnet. Sie grinst.
"Hast Du einen Favoriten?"
"Ich glaube der blaugraue schafft es."
Ich schaue die beiden Steine genauer an, und tatsächlich ist der eine blaugrauer als der andere. Anthrazit vielleicht. Es ist der Stein der knapp 1 cm weiter vom Grassteifen entfernt liegt. Meine Stirn legt sich in Falten.
"Warum der?"
"Ich weiß nicht. Er schaut einfach windschnittiger aus, schneller. Ein Sieger halt."
"Aussehen? Du bist so oberflächlich?", ich mische eine große Portion Enttäuschung in meine Stimmung und rutsche ein Stück von ihr fort. Sie grinst und zupft einen Ärmel ihres T-Shirts zurecht.
Wir schauen wieder den Steinen zu, wie sie sich keinen Millimeter weiterbewegen. Es ist das Sportereignis für Schreckhafte.
Plötzlich steht sie auf und schiebt ihr Buch, von dem ich bisher noch immer nicht das Cover gesehen habe, zurück in die Handtasche.
"Wo gehst Du hin?", will ich wissen. Freundlich, rein informativ gefragt.
"Weiter.", meint sie. Macht eine Armbewegung die einen Großteil der Donauinsel und des umliegenden Wien umfasst.
"Ich komm mit, ok?" Ich hätte nicht um Erlaubnis fragen sollen, denke ich mir noch, während ich es sage.
"Was ist mit den Steinen, musst du nicht schiedsrichtern?", sie deutet auf die beiden blaugrauen Steine, die wenige Meter von uns auf dem Asphalt liegen.
Ich lege einen betroffenen Gesichtsausdruck auf, schaue zwischen den Steinen und ihr hin und her. "Ach, die schauen mir nicht so aus, als ob sie sich am Ende verprügeln, weil sie das Ergebnis nicht hinnehmen können. Die schaffen das auch ohne mich."
Sie grinst und nickt, dreht sich um und geht los. Ich hole sie schnell ein, und überlege mir, ob ich sie auf einen Frappuccino einladen soll. Es ist wirklich viel zu heiß um keinen zu trinken.
Black_Mage - am Freitag, 20. Juli 2007, 12:44 - Rubrik: Geschriebenes
morphetetis hat am 20. Jul, 13:10 ein Lebenszeichen gegeben
so süß!