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Das Nachmittags-Fragment
Sie liegt keine 2m von mir entfernt auf dem Stockbett, die Augen geschlossen, die Locken in einem dunklen Wirbel über den Polster und ihr Gesicht verteilt. Sie fühlt sich seit dem eben absolvierten Skydive schlecht und in ihrem Zimmer ist es zu unruhig, also hat sie hier einen Zufluchtsort aufgeschlagen. Ich beobachte sie still von meinem Bett aus, so gerne ich zu ihr ins Bett klettern würde um sie festzuhalten.
Ich erzähle ihr davon, dass ich mich, als ich am Vormittag aufgewacht bin, nicht mehr erinnern konnte, wie ich zurück in mein Bett gekommen bin, geschweige denn, dass ich überhaupt die Bar verlassen habe. Ich hatte letzte Nacht knapp 50 Euro in Alkohol umgesetzt, also wundert mich dieser Filmriss kein bisschen, zumal ich nicht der einzige aus meiner Runde war, dem es so ging.
Zuerst grinst sie, dann schaut sie auf und sucht meinen Blick. Vorsichtig fragt sie, ob ich mich noch erinnern kann, das wir uns in der Bar unterhalten haben.
Natürlich kann ich mich erinnern, sonst würde ich längst bei ihr im Bett sitzen und sie an mich drücken. Wobei letzteres behalte ich für mich, auch wenn sie versucht es nicht zu zeigen, spüre ich, dass ein Teil von ihr, sich im Moment nichts sehnlicher wünscht als das.
Sie schliesst wieder die Augen und vergräbt ihr Gesicht in der Armbeuge.
Ich beobachte sie noch ein wenig, und gebe dann dem Drang aus dem Zimmer zu flüchten nach.

Das See-Fragment
Der Deutsche, der Holländer und ich umrunden den Spiegelsee und ergötzen uns in der Schönheit der Landschaft. Die beiden anderen haben längst aufgegeben Fotos davon zu machen, und ärgern sich still mit jeder Kurve darüber, dass sie weder endlosen Speicher noch endlose Schauer für die ganzen Fotos haben, die sie am liebsten schiessen würden.
Die Bergkette, die den gegenüberliegenden Horizont bildet, schaut in den leichten Verwerfungen der Wellen, noch fabelhafter aus, als wenn man den Blick ein paar Zentimeter heben würde. Es ist früher Morgen, und eigentlich sollten wir schlaftrunken sein, aber die kalte Luft und der überirdische Anblick hat uns wachgerüttelt. Plötzlich rüttelt mich etwas ganz anderes auf. In der Gruppe an Personen, die uns gerade entgegenkommt, erkenne ich einige Gesichter wieder. Und das kann nur bedeuten, dass die andere Reisegruppe auch an diesem faszinierenden See halt macht. Noch bevor ich mich wirklich drauf vorbereiten kann, biegt sie auch schon um die Ecke. Genaus überrascht wie ich, ihrem Blick nach zu urteilen. Leider nicht allein, und ihre Freunde nehmen meine ganze Aufmerksamkeit in Beschlag, in dem sie mich alle Begrüßen und mir etwas wichtiges erzählen wollen, dem ich nicht wirklich folgen kann, weil ich eigentlich in Gedanken mit mir ringe, wie ich mich nun mit meinem braunäugigen Engel unterhalten soll.
Ich frage sie, ob sie meine Nachricht bekommen hat, die ich ihr kurz vor meiner Abreise noch schnell aufs Bett gelegt habe, da niemand die Tür hinter mir abgeschlossen hatte, nachdem ich mitten in der Nacht gegangen war.
Sie nickt, und erklärt grinsend, dass sie im selben Hostel sein wird. Ich bin erleichtert, dass uns das die Chance auf ein Wiedersehen gibt.
Meine beiden Begleiter sind einfach weitergezogen und auch die andere Gruppe drängt vorwärts. Bevor sie um die nächste Kurve verschwindet, lächelt sie mir nochmal breit zu und winkt mir auf eine kokette Art. Ihre Augen glühen kurz, dann ist sie weg, von ihren Freunden verschleppt, hinter der grünen Blätterwand des Waldes verschwunden.
Ich drehe mich um und folge mit eiligen Schritten meinen Freunden, und hole sie schnell ein. Der Zusammenstoss hat nur wenige Minuten gedauert, aber meinen Tag gleich zu Beginn um ein vielfaches verbessert.

Das Puzzle-Fragment
Noch bevor ich sie sehen kann, erkenne ich die längst bekannten Stimmen. Ich kann es kaum glauben, dass sie mir schon wieder über den Weg läuft. Ich nehme meine Heissgetränk und die Banane von der Theke und drehe mich um.
Ich klopfe ihr auf die Schulter, und begrüße sie als meinen persönlichen Stalker, worüber wir kurz lachen. Ich weiß, dass sie mit diesen ganzen zufälligen Begegnungen ein wenig überfordert ist. Ich sehe zwar das Funkeln in ihren Augen, dass mir sagt, dass sie am liebsten über mich herfallen will, aber genauso einen strengen Zug um ihre Augen, der mir signalisiert, dass sie das ganz bestimmt nicht machen wird. Zu Schade.
Sie folgt mir an einen der vielen Tische hier, auf denen sich unzählige Puzzle und Rätselspiele verteilen. Ich nehme eines davon in die Hand, und sie meint, dass sie sowas schon gelöst hat. Nach kurzem Ausschlussverfahren versuchen wir uns an einem Holzstück, bei dem Scheiben umgeschichtet werden müssen.
Nach einigen Minuten erkennen wir, dass es sich eigentlich nur um das endlose Wiederholen eines Musters handelt, und unsere Handgriffe automatisieren sich. Laut Anleitung ist es möglich, das Rätsel in 255 Bewegungen zu lösen. Wir sprechen es zwar nicht aus, aber wir wissen beide, dass es wohl ziemlich eintönig und monoton sein wird, da wir das notwendige Muster längst durchschaut haben. Uns stört das nicht. Wir sitzen dich nebeneinander, großteils schweigend, abwechselnd eine der Holzscheiben verschiebend. Unsere Knie und Schenkel berühren sich lose unter der Tischplatte, und oberhalb ab und zu unsere Finger wenn wir nach den Puzzlestücken greifen. Wir genießen einfach nur die Anwesenheit des anderen.
Plötzlich klopft mir jemand auf die Schultern. Wir müssen los, der Bus wartet.
Ich streichle ihr kurz über den Kopf, während ich mich verabschiede. Wir wissen, dass wir uns am Abend wiedersehen werden. Sie muss das Puzzle zu Ende bringen, trage ich ihr auf, bevor ich mich durch die Tür des Puzzle-Café schiebe.

Das Ende-Fragment
Bevor ich die Lokalität wechsle, werfe ich nochmal einen Blick in die Bar, und tatsächlich ist sie mittlerweile mit ihren Freundinnen auf der Tanzfläche eingefallen. Ich beobachte sie erst eine Weile, wie sie sich in dem schwarzen, bunt gepunkteten Kleid zur Musik bewegt, und erst als sie mich sieht und wir Blickkontakt haben, gehe ich zu ihr rüber.
Ich merke es sofort an ihrer Körperhaltung, an der Art wie mich ihre Augen auf Distanz halten. Es ist so offensichtlich als ob sie ein Neonschild über ihrem Kopf blinken lassen würde. Es ist vorbei.
Da ich längst zuviel getrunken habe, weiß ich nicht, ob ich meine Mimik soweit unter Kontrolle habe, dass man mir die Enttäuschung nicht ansieht, aber eigentlich ist es mir egal. Sie weiß es ohnehin. Wir schauen uns ein paar Minuten schweigend an.
Ich hätte das selbe an ihrer Stelle getan, gestehe ich ihr, was sie zwar hinterfragt, aber ich muss es nicht wiederholen, damit sie es mir glaubt. Wir wussten beide, das es so kommt, ich hatte nur gehofft, dass wir mehr Zeit hätten.
Wir verstehen uns ohne Worte. So gern ich den Moment hinauszögern will, so ungern ich ihre Präsenz verlasse, weiß ich, dass es sein muss. Das ich gehen muss.
Ich frage sie, ob ich ihr einen Abschiedkuss geben darf doch sie meint, dass das nicht passieren wird. Mit einem traurigen Lächeln und einem bestätigenden Nicken drehe ich mich um und verlasse die Bar, nur um ein paar hundert Meter weiter in die nächste einzufallen.
Ein Teil von mir atmet erleichtert auf. In dem sie mich abserviert hat, muss ich mich nicht schlecht fühlen sie letztendlich doch noch verletzt zu haben.

- BM out -
 

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