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Zirka 3 Mal im Jahr stehe ich ohne Schlüssel vor meiner geschlossenen Wohnungstür. Entweder liegt der Schlüssel drin und ich nicht, oder er ist ganz wo anders. So auch am Samstagvormittag.

Ich war am Weg in die Waschküche, und klopfe noch meine Hosentaschen ab ob ich alles einstecken habe. Die Realisation, dass der Schlüssel fehlt, kam im gleichen Moment in dem die Tür ins Schloss fiel. Zu meinem Glück hatte ich eine Jeans an und nicht wie üblich die dünne Leinenhose, die sich gerade in der Waschmaschine befand. Außerdem hatte ich bereits Socken und zumindest meinen dünnsten Pulli an. Meine fast 10-Jahre alten und zu Schlapfen niedergetretenen Schuhbandlosen Converse komplettierten das Set, das mir gemeinsam mit dem unrasierten Gesicht und den wild luftgetrockneten Haaren einen derelict-Charme gab.

Denn ohne Schlüssel war ich praktisch obdachlos und genauso fühlte ich mich.

Da Schussel und Schlüssel sehr ähnlich sind, habe ich 2 Ersatzschlüssel in der Nähe deponiert. Einen hat mein Vater, zu dem ich öffentlich je nach Wartezeit auf die Bim 20 – 35 Minuten brauche. Am Wochenende erfahrungsgemäß länger. Der andere liegt bei meiner besten Freundin, knapp 7 Gehminuten von meiner Wohnung entfernt.

Erst habe ich also bei Nachbarn probiert meinen Dad anzurufen. Die Telefonnummer meines Elternhauses gehört nämlich zu den 3 Nummern die ich auswendig kann. Die anderen sind die Telefonnummer meiner verstorbenen Großmutter, und die andere gehört dem Herrn Cinematographen der in Meidling wohnt und prinzipiell wenig hilfreich ist. Meinen Vater zu erwischen wäre schon mehr Zufall als Glück gewesen und beides ist nicht eingetroffen.

Blieb mir also nur der Gang zur Wohnung der Freundin. …7 Gehminuten können verdammt lang sein, wenn es nur 10 Grad hat und man nicht dafür adjustiert ist. Einer ihrer Nachbarn kam zeitgleich mit mir zu Tür, was hilfreich war, denn die Freundin war nicht zu Hause. Nach ca 20 Minuten warten im Stiegenhaus habe ich es aber aufgegeben. Die Frau konnte kurz einkaufen oder auch übers Wochenende fort sein.

Mir blieben dann noch ein paar Optionen:
Zur Mutter der Freundin gehen, die auch nur 10 Gehminuten entfernt wohnt. Immerhin hat sie die Telefonnummer ihrer Tochter (und wahrscheinlich auch eine ungefähre Ahnung wo die sich befinden würde). Die Chancen sie anzutreffen, waren nicht viel niedriger als die Freundin selbst zu erwischen.

Falls das ebenfalls erfolglos wäre, hätte ich es bei einem Freund probieren können, der ums Eck der Freundins-Mutter wohnt. Bei ihm, sofern ich ihn daheim erwischt hätte, hätte ich dann wohl problemlos aufs Internet zugreifen können und dort über Umwege (Mail an die Mutter die den Bruder anruft der versucht den Vater am Mobiltelefon zu erreichen) an den anderen Ersatzschlüssel zu kommen.

Ansonsten wäre mir natürlich noch geblieben ins Haus zu fahren, denn dort gibt es statt per Schlüssel den Zugang über einen Fingerscan. Diesen Schlüssel kann ich also kaum liegen lassen und den Code für die Alarmanlage weiß ich auch. …was ich dort dann machen konnte, war mir nicht klar. Mein Dad konnte immerhin ebenfalls übers komplette Wochenende fort sein. Eher unpraktisch, da ich um 14:30 in einem Zug ins exotische Weinviertel hätte sitzen sollen.

Zu meinem Glück hatte ich aber meine Bankomat-Karte in der Hosentasche, da unsere Waschküche mit Quick funktioniert. Ich war mir nur nicht sicher, ob mir das noch was bringen würde, da ich ein paar Tage davor die neue Karte bekommen habe. Am Bankomaten hatte ich auf der alten Karte nur mehr die Option Quick zu entladen, aber nicht Bargeld abzuheben…

So lässig mein Obdachlosen-Look war, war er auch das beste Mittel zu einer hübschen Lungenentzündung.
Also bin ich in die Millenium City gefahren und hatte nochmals Glück, das ich die neue Bankomatkarte noch nicht verwendet hatte und somit die Bezahlfunktion der Karte noch nicht aufgehoben war.

Die Deichmann-Verkäuferin hat leicht irritiert geschaut, als ich die schnell gekauften Schuhe gleich vor dem Geschäft angezogen und die zerflederten Patschen-Converse in den Mistkübel geschmissen habe. Die Schuhe hätte ich sowieso in den nächsten Wochen kaufen müssen, von dem her kein Problem.

Dann habe ich mir beim H&M eine Winterjacke gekauft. Bei 30 Tagen Rückgabe-Recht ist das auch kein Drama und den Preiszettel im Nacken hat ja auch keiner gesehen.

Um mich nicht mehr nackt zu fühlen, hat nur mehr eine Sache gefehlt…

Beim Saturn habe ich das günstigste Smartphone mit 2 Wochen Rückgabefrist und dazu eine Wertkarte gekauft. Das Telefon ist soooo furchtbar langsam, dass ich es unter normalen Umständen gegen eine Wand geschmissen hätte… Dennoch habe ich es dann mit Starbucks-WLAN (ich habe natürlich nichts konsumiert, das 13€ Investement für die Wertkarte war schon schlimm genug) geschafft das Telefon einzurichten, mit meinem Gmail-Account zu verknüpfen und dann die beste Freundin/Schlüsselwächterin zu erreichen.
Die war gerade von einem IKEA-Trip heimgekommen und so konnte ich mir meinen Schlüssel holen. 20 Minuten bevor ich mich zum Zug aufmachen musste, bin ich wieder in die Wohnung gekommen und hatte gerade ausreichend Zeit um die Tasche fürs Wochenende zu packen, mit Gel und Rasierer den ungestylten Obdachlosen-Look los zu werden und die Wäsche aufzuhängen.

2 Dinge hab ich dabei gelernt.
Ding 1: es ist echt erstaunlich wie weniger alleine und verloren ich mich fühle, wenn ich ein Telefon mit Internetzugang habe. Nicht nur, dass ich Leute erreichen konnte, hatte ich auch Zugang zu stundenlanger Unterhaltung um mir Notfalls die Zeit zu vertreiben.
Ding 2: Geld ist echt der Retter in der Not. Der Prinz in schimmernder Rüstung.

Wie gesagt hätte ich immer noch ins Elternhaus fahren können und wäre nicht unter der Nordbrücke erfroren, wenn das mit der Bankomat-Karte nicht geklappt hätte. Dort wäre ich nicht nur vor der Witterung sicher gewesen, ich hätte auch was zu essen gefunden und hätte auch das komplette Wochenende auf die Rückkehr meines Vaters warten können.

Ich bin nicht ohne sozialem Netz (auch wenn es teilweise schwer erreichbar ist).
…aber die Realität ist, dass die Bankomatkarte die Situation gerichtet hat.

- BM out -

Als Kind und Jugendlicher hatte ich panische Angst vor Spinnen. Ich habe Ihnen nicht nur hohe Intelligenz sondern auch Rudelverhalten unterstellt. Wild Dinge in ihre Richtung zu werfen und kreischend davon zu laufen, war meine Standard-Reaktion, wenn ich eine Spinne gesehen habe. …in einem Einfamilienhaus am Stadtrand also ca. 2 Mal täglich.

Mit 17, 18 ist es mir dann zu blöd geworden und ich habe mich den Spinnen gestellt. Statt zu kreischen habe ich die Luft angehalten. Statt wegzulaufen bin ich stehen geblieben. …und siehe da: sie haben sich nicht von den Wänden abgestoßen um auf mich zu springen.

Ich will nicht behaupten, dass ich von heute auf morgen diese Arachnophobie abgeworfen habe. Irgendwann war es aber nicht mehr nur so, dass ich keine Angst vor ihnen hatte, sondern ich auch kein Problem damit habe sie anzufassen, zB um sie ins Freie zu setzen.
Wenn ich jetzt eine Spinne in meiner Wohnung sehe, verstehe ich das sogar und setze sie nicht aus. Selbst in meiner ungeheizten Wohnung ist es zur Zeit angenehmer als am Fensterbrett.

Das war es dann eigentlich mit der Angst bei mir.
…für die nächsten 10-15 Jahre.

Denn in den letzten Jahren hat sich ein Set an Ängsten entwickelt, das eigentlich ins Kinderzimmer gehört. Ich glaube, dass sie ‚ironisch‘ begonnen und sich dann ernsthaft manifestiert haben.

Im Besonderen die Erwartungshaltung, dass jemand unter meinem Bett liegt und nach mir greift, wenn ich zu Bett gehen will.
Wenn ich das Leintuch wechsle und dafür die Matratze hebe, bin ich stets darauf vorbereitet, dass jemand drunter liegt und mich anstarrt (ich habe keine Ahnung wie ich reagieren würde, wenn es tatsächlich mal eintritt).

Auch sehr spannend ist, dass ich immer darauf vorbereitet bin, dass jemand im Keller auf mich lauert, wenn ich nachts in die Waschküche gehe. (Die beste Zeit um die Wäsche zu waschen ist offenbar nach 21h, wenn niemand deine Hilfeschreie im Keller hört). Vor allem wenn ich die Wäsche aus der Waschmaschine räume und in den Wäschekorb (der bei mir eine IKEA-Tasche ist) lege, und somit der Tür für mehrere Minuten den Rücken zukehre, rechne ich damit, dass jemand dort steht, wenn ich mich umdrehe. Keine Ahnung wie ich reagieren würde, wenn das wirklich passiert.

Das sind Ängste die so irrational sind, dass ich über sie lachen muss. Außerdem vertreibt Lachen natürlich die Furcht.

Anders verhält es sich aber mit der Form von Klaustrophobie die ich scheinbar habe, seit ich vor einigen Jahren für einen MR-Scan in diese Röhre geschoben wurde.
Nicht bloß, dass in der Röhre nur wenige Abstand zu meinen Schultern war, hatte ich einen „Käfig“ um den Kopf damit dieser sich während des Scans nicht bewegt. Ich hätte also nicht mal aus der Röhre kriechen können.
Die aufkommende Panikattacke im MR-Gerät habe ich damals dank Atmungskontrolle gut in den Griff bekommen. Man hat da zwar einen Drücker in der Hand, mit dem man signalisieren kann, dass man raus möchte – aber mir waren in dem Moment 2 Dinge klar:
1) wenn ich den Knopf drücke und nichts passiert, raste ich da drinnen komplett aus.
2) wenn ich den Knopf drücke und die mich rausholen, muss ich später wieder rein und das Ganze beginnt von vorne.

Seither ist die Vorstellung von solchen Situationen für mich furchtbar. Wenn sich jemand in Filmen durch enge Schluchten oder ähnliches schiebt oder schlimmer noch in eine dunkle Höhle kriecht, beginnt mein Herz zu rasen. An den Film „Buried“ wo Ryan Reynolds lebendig begraben wird, darf ich gar nicht denken.
Als die Protagonistin des Buchs das ich gerade lese, durch eine Röhre kriecht (und dann auch noch an irgendwas hängen bleibt), musste ich das Buch aus der Hand legen und habe ernsthaft überlegt die nächsten Seiten zu überspringen.

Ich bin nicht sicher, ob ich davor großer Fan von dunklen und engen Plätzen war. In Neuseeland habe ich jedenfalls freiwillig und mit Freude eine Höhlenwanderung gemacht, bei der wir auch durch niedrige und dunkle Tunnel kriechen mussten. Das sagt mir, dass ich das Problem mit Mitte 20 noch nicht hatte, denn heute müsste ich mich zu sowas wohl überwinden.

Darüber würde ich gerne lachen können. Vielleicht würde das helfen.

- BM out -

Ein Buch das mich interessiert gibt’s auf Amazon als Paperback für 14€. Es ist aktuell nur nicht lieferbar, wahrscheinlich in 3 Monaten wieder.
Es gibt auch eine Hardcover-Variante. Die wird nur von einem externen Partner verkauft. Für 72€, aber immerhin innerhalb von 3 – 4 Wochen. Natürlich mit 3€ Versandkosten, damit sich das auch ausgeht.
Bleibt nur mehr die Kindle-Edition. Sie ist klarerweise kostengünstiger und halt auch wirklich verfügbar.

Der Nachteil ist halt, dass es die Kindle-Edition ist. Ich lese die in der Kindle-App am Telefon, was eigentlich super funktioniert, aber wenn ich mal das Telefon in der Hand habe bin ich doch leicht abgelenkt. Ich reagiere auf Nachrichten, und schaue ein YT-Video und das Lese-Tempo ist sowieso viel niedriger. Ich bin halt ein Papier- und Haptik-Typ, wenn es um Bücher geht.
Von 10 gekauften Kindle-Büchern habe ich 2 nicht fertig gelesen. 3 wenn man den Hitchhikers Guide dazu zählt, aber den habe ich auf Papier schon 5, 6 Mal gelesen, also will ich da nicht so streng sein. 20% Ausfallsrate sind schlimm genug. Bei haptischen Büchern gibt es unter hunderten ein einziges das ich nicht fertig gelesen habe. Von Murakamis 1Q84 habe ich einen Sammelband mit allen 3 Teilen aber nur Buch 1 fertig gelesen.

Will ich 3 Monate warten? Wahrscheinlich nicht. :D
Nunja, den Mutigen gehört die Welt. Immerhin geht es in dem Buch darum wie Leute an der Macht auch dort bleiben.

- BM out -

 

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