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Aktuell stecke ich mal wieder im Viennale-Wahnsinn fest. Die für mich interessanten Filme liegen heuer so gut, dass ich locker in 24 Filme hätte gehen können. Ich habs zwar um ein Drittel kürzen können, aber 17 Filme in weniger als 2 Wochen sind halt weiterhin viel (zu Mal ich zum Beispiel wegen Konzertbesuchen nicht jeden Tag ins Kino gehen kann).

Heute ist aber auf alle Fälle eine besondere Projektion. Hong Sang-soo, einer meiner absoluten Lieblingsregisseure hat auch heuer wieder einen Film auf der Viennale.
Er hat einen tollen Stil und ich mag seine Bildsprache. ...sein letzter Film hat mir aber nicht wirklich gefallen und den davor fand ich auch schon nicht so gut, wie die davor.

Ich habe die Befürchtung, dass er sich abgenutzt hat.

Seine Filme haben immer die gleichen Elemente.
Die Leute reden viel, rauchen viel und trinken viel zu viel Soju (Reisschnappsbier). Der Protagonist ist dabei aus seiner gewohnten Umgebung gerissen, entweder auf Urlaub, geschäftlich unterwegs oder auch auf der Suche nach jemanden. Meist sind es Männer Mitte 40, die sich im Verlauf des Films in Frauen Mitte 20 verlieben und betrunkene Liebesgeständnisse machen. Oft Film-Regisseure.

Früher habe ich das Sehnen und Zerren der Protagonisten mitempfinden können, zuletzt hab ich mich nur mehr über die Kameraeinstellungen und -schwenks gefreut.
Wenn ich heute mit einem ähnlichen Gefühl aus dem Kino gehe wie letztes Jahr, war es wohl der letzte Film von ihm den ich mir angeschaut habe.
...und das wäre sehr Schade.

- BM out -

Mein Rechnungswesen-Lehrer hatte ein Benotungssystem, das in gleichem Maß klar und nachvollziehbar wie unmenschlich war. Ich habe es zu schätzen gewusst, da es mir lieber war als die Willkür mit der andere Lehrer die Noten verteilt haben. Ich habe da sowohl erlebt wie es ist wenn man bevorzug wird (was durchaus mit einer angehobenen Erwartungshaltung verbunden sein konnte), als auch, wenn man in den Augen des Lehrers gar nichts richtig machen kann. Nicht bei diesem RW-Lehrer, in seinen Augen waren alle gleich.
Jede Leistungsüberprüfung war mit erreichbaren Punkten versehen. Hausaufgaben und Stundenwiederholungen waren 1 möglicher Punkt, Schularbeiten 24 und Tests 12. Jeder Punkt den du nicht erreicht hast, hat dich unaufholbar nach hinten geworfen.

Das hat im April 199x zu jenem legendären Dialog geführt:
RW-Lehrer: Also an deiner Stelle würde ich anfangen für die Prüfung zu lernen.
BM: Naja, die Entscheidungsprüfung ist ja eh erst im Juni.
RW-L: Ich meine die Nachprüfung im September.

Denn auch die Entscheidungsprüfung wäre zu den möglichen Punkten hinzugerechnet worden – und ich war bereits so weit unterm Schnitt, dass selbst eine Prüfung auf einen Einser mit allen Punkten mich nicht mehr über 50% gebracht hätte. …frustrierend aber auch ungemein befreiend, da ich ab diesem Zeitpunkt nicht mehr für Rechnungswesen lernen musste.

Meine Eltern waren während meiner Schulzeit vielleicht 3 Mal in einer Sprechstunde und nicht mal bei jedem Elternsprechtag. Es war ihnen nicht egal was ich aufführte, aber ihnen war klar, dass ich im Grunde für alle meine schulischen Probleme selbst verantwortlich war. Ich war nicht nur ein fauler Hund, ich war auch bald so ein Alter dem man keine neuen Tricks mehr beibringen konnte. Der beste und geduldigste Lehrer konnte da nichts machen.
Bei meinem Rechnungswesen-Lehrer sind sie jedoch aufgetaucht, noch dazu im Doppelpack. Denn diese Aussage hat ihnen gar nicht gepasst. Verschlimmert wurde die Situation noch mehr, als ihnen der „Professor“ erklärte: „Doppelte Buchhaltung kann man nicht auswendig lernen. Das muss man verstehen. Da muss einem der Knopf aufgehen.“
Ich kann mich noch an den irritierten Blick meiner Mutter erinnern, als ich begonnen habe den Lehrer und sein Notensystem zu verteidigen…

Der Knopf ist mir nicht aufgegangen, ich habe einen 5er bekommen und habe die halben Sommerferien bei einer Nachhilfelehrerin verbracht.
Ich habe Rechnungswesen weiter nicht verstanden, aber die Nachilfestudentin war hübsch. Ich erinnere mich auch ihre riesigen Katzen. Bis ich dann eines Tages – zu ihrer und meinem Erstaunen – plötzlich die Aufgaben ohne jegliche Hilfestellung ratzfatz gelöst habe. Auch die Nächste. Nie im Leben hätte ich aus einem Aufwandskonto einfach weggebucht. Kein Buchungsatz stand mehr verkehrt rum. Der Knopf war aufgegangen.

Die Nachprüfung habe ich souverän bestanden. …und bin mir in der ersten Rechnungswesen-Stunde im neuen Schuljahr ca 5 Minuten wie ein Held vorgekommen. Jetzt konnte mich in diesem Fach nichts mehr aufhalten. Dann hat uns der Lehrer gesagt, dass wir ab jetzt Finanzbuchhaltung machen. Also Mathe nur schlimmer…

Natürlich gibt es einen Anlass für diese Geschichte, hat mich doch gestern beim Duschen der Tropf-Tropf-Tropf Morsecode auf meinen Kopf zu der Frage gebracht, wie man weiß, was man nicht weiß, bzw dass man etwas nicht weiß. Darauf habe ich natürlich auch auf der Haarshampoo-Flasche keine Antwort gefunden, aber etwas anderes sehr erstaunt festgestellt:
Ich habe keine Ahnung mehr, was ich an Rechnungswesen nicht verstanden habe. Eigentlich bin ich mir sogar sicher, dass ich es ab dem Moment als der Knopf offen war, nicht mehr nachvollziehen konnte. Das komplette Problem des nicht verstehens war nicht mehr verständlich. Ich mag heute keine Ahnung mehr von doppelter Buchhaltung haben, aber ich weiß, dass ich es sofort verstehen würde, sollte ich mich damit auseinander setzen. (Etwas, das ich über Alles andere was ich in den letzten 15+ Jahren vergessen habe, nicht behaupten kann.)


Im übrigen war die Aussage des RW-Lehrers, dass man das nicht auswendig lernen kann, noch nicht mal die härteste Meldung mit der ich in der Schule konfrontiert wurde. Ein paar Jahre später wurde es von meiner Französisch-Lehrerin getoppt: „Ich sehe du lernst und du bemühst dich, aber das reicht mir nicht.“
…und da soll noch mal einer behaupten, dass man in der Schule nicht fürs Leben lernt.

- BM out -

Zum Jahreswechsel 2012 auf 13 habe ich mich von einem Freund dazu überreden lassen, mit ihm gemeinsam ins Fitness Center zu gehen. Er war dort schon ne Weile Mitglied und ich hatte es eh nötig. Es war kein Neujahrsvorsatz!
So ließ ich mich 3 Mal die Woche nach der Arbeit noch abends unter Aufsicht durch den Gerätedschungel eines kleinen Fitness Centers scheuchen. Wobei die großen Geräte gar nicht die Herausforderung waren, sondern die Hanteln wo ein Außenstehender sicherstellen sollte, dass man auch „richtig“ trainierte.
Nach 3 Monaten waren die Resultate auch für andere sichtbar. Allen voran meinem Ersatz-Personal Trainer, der sich über die Entwicklung meiner ‚Asteln‘ freute.
Dann war ich 3 Wochen auf meinem Russland-China-Trip, aus dem ich mit der Sehnenscheidenentzündung im linken Fußgelenk zurück kam, was mich zu einer verlängerten Trainingspause zwang. Als es dann im Herbst von meiner Seite her wieder ging, hatte mein Freund das Interesse verloren. Unsere Mitgliedschaften waren abgelaufen und er widmete Geld, Aufmerksamkeit und Zeit lieber seinem Motorrad.
Obwohl mir das Training zu Beginn der Zwangspause abgegangen war, konnte ich mich dann im Herbst nicht dazu motivieren alleine hinzugehen.

Ein knappes Jahr nach dem (unfreiwilligen) Trainingsabbruch habe ich mich dann in einem anderen Fitness Studio eingeschrieben. Erst fiel es mir natürlich schwer mich 3 Mal die Woche aufzuraffen, aber mit jedem Mal war es einfacher. Selbst als ich dann kurz wg einer Verkühlung oder ähnlichem aussetzen musste, habe ich es dann geschafft noch Mal hinzugehen. …ein Mal. Denn dann war eh schon der Sommer und da war ich viel mit dem Rad unterwegs und wer will dann schon spät abends noch im stickigen Fitness Center stehen.

Das Fitness Center sah den Herbst kommen, aber nicht mich. Immer war irgendwas, dass effizientes und fortlaufendes Training unterbrechen würde, und damit hatte ich guten Grund das nach hinten zu verschieben. Da ich die Mitgliedschaft auf ein Jahr abgeschlossen hatte, war es ja egal ob ich das Training schon im September oder erst im Oktober ..oder im November wieder aufnehmen würde.

Lange Geschichte kurz: Ich ging nicht mehr hin. Die Mitgliedschaft habe ich aber nicht gekündigt. Ich dachte mir, dass mich der Geldeinsatz motivieren würde, bzw ich wenigstens irgendwie dafür büßen müsste, wenn ich schon nicht hinging. Der Effekt lies nicht auf sich warten: ich hatte konstant schlechtes Gewissen.
Das alles war aber nicht so schlimm. Zum einen war ich im Sommer wieder fast jeden Abend noch ne Stunde mit dem Rad unterwegs. Außerdem hatte ich ja den dank heißem Sommer, Schmetterlingen im Bauch, folgendem Liebeskummer und außergewöhnlichem Arbeitsstress über mehrere Monate hinweg sehr wenig Appetit. Der unregelmäßige Alltag meines arbeitsfreien Oktobers mit all seinen London-Trips hat zumindest noch zu mäßiger Nahrungsaufnahme geführt.

Dann kam der Winter…

Auch für 2016 habe ich meine Mitgliedschaft im Fitness Center nicht gekündigt. Zum schlechten Gewissen kam nun auch schlechte Kondition hinzu, und da war klar, dass ich das nicht länger aussitzen konnte.
Nunja, man darf nicht unterschätzen, was ich alles aussitzen kann…
Zumal ich dank dem Unfall im April im Sommer nicht mal mit dem Rad unterwegs war.

Vor ein paar Wochen habe ich dann festgestellt, dass meine Sportschuhe, die ich eigentlich 2013 exklusiv fürs Fitness Center gekauft hatte, mittlerweile nicht mehr Fitness Center tauglich sind. Also habe ich mir neue gekauft.
Die stehen nun in ihrem Karton im Vorzimmer.

Ich finde es erstaunlich, dass ich mir weiterhin einrede, dass ich jetzt jederzeit wieder loslegen kann. Also nicht heute oder morgen. Ich meine, schau dir meinen Kalender an. Da sind ja oft nur ein oder zwei Abende die Woche, an denen nix eingetragen ist. Die Viennale kommt jetzt dann, in der Zeit wird es sich auch kaum lohnen wieder anzufangen. Dann aber.
Ich will mir ja nicht umsonst die neuen Schuhe gekauft haben.

Die Abgetragenen sind jetzt meine Konzertschuhe. Damit öfter im Einsatz als zuvor.

- BM out -

 

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